Handball-EM: Darum ist Paul Drux nicht dabei

"Ich werde in Düsseldorf dabei sein und versuchen, die Jungs bestmöglich zu unterstützen", sagt Paul Drux einen Tag vor dem Eröffnungsspiel der Handball-Europameisterschaft in Deutschland im Interview mit RBB24. Wohlwissend, dass diese Unterstützung nicht sportlicher Natur sein wird. "Ich werde dann oben auf der Tribüne sitzen, während die Jungs unten das machen, was sie am besten können", so der Kapitän und Spielmacher vom Bundesligaersten Füchse Berlin. 

Denn Paul Drux wird die Heim-EM verpassen und kann dem DHB-Team von Bundestrainer Alfred Gislason nur eine moralische Stütze sein. Das gilt auch für das Eröffnungsspiel im Düsseldorfer Fußballstadion, wo 53.000 Zuschauer für einen Besucherrekord bei einem Handballspiel sorgen werden. Weil sich Drux vor sieben Monaten die Achillessehne gerissen hat, wird er solche Highlights wie das erste Spiel gegen die formstarke Schweiz nur von außen begleiten können. 

Es passierte im April 2023: Während des Länderspiels zwischen Schweden und Deutschland im Rahmen des EHF Euro Cups riss Drux' Achillessehne. Anfang Mai wurde er operiert, beinahe die gesamte erste Hälfte der Saison der so fulminant aufspielenden Füchse Berlin verpasste der erfahrene 28-Jährige. Erst im Dezember kam Drux zu einem kurzen Comeback. 

Paul Drux fehlt bei EM - Nils Lichtlein springt ein 

Eine Woche vor Weihnachten stand der Gummersbacher wieder für die Füchse auf der Platte, als er Teil des 32:29-Erfolgs gegen den TBV Lemgo Lippe war. "Unheimlich viel Erleichterung" habe Drux an dem Tag gespürt, "es war gut, noch vor dem Jahreswechsel die ersten Minuten auf der Platte gestanden zu haben." Für die Teilnahme an einer strapaziösen Handball-EM mit Spielen im Zweitagestakt und damit eine Nominierung für den DHB-Kader reicht es aber bei Weitem noch nicht. 

"Ich habe ganz klar ein weinendes und ein lachendes Auge", sagt Drux, der in seiner Karriere schon 127 Länderspiele absolviert hat und dreifacher WM- sowie zweifacher EM-Teilnehmer ist und 2016 und 2021 in Rio de Janeiro und Tokio an den Olympischen Spielen teilnahm: "Ich freue mich unglaublich für die Jungs und kann mir gut vorstellen, wie ihre letzten Tage waren, was sie gerade machen und worauf sie sich alles freuen. Gleichzeitig weiß ich, dass ich – wenn ich fit gewesen wäre – eine gute Chance gehabt hätte, mich in den Kader zu spielen. Und das wollte ich mir natürlich eigentlich nicht nehmen lassen."

Das Aufgebot der deutschen Handball-Nationalmannschaft

• Tor: David Späth (Rhein-Neckar Löwen), Andreas Wolff (Industria Kielce)
• Linksaußen: Rune Dahmke (THW Kiel), Lukas Mertens (SC Magdeburg)
• Rückraum links: Martin Hanne (TSV Hannover-Burgdorf), Sebastian Heymann (Frisch Auf Göppingen), Julian Köster (VfL Gummersbach)
• Rückraum links/Mitte: Philipp Weber (SC Magdeburg)
• Rückraum Mitte: Juri Knorr (Rhein-Neckar Löwen), Nils Lichtlein (Füchse Berlin)
• Rückraum rechts: Kai Häfner (TVB Stuttgart), Renars Uscins (TSV Hannover-Burgdorf)
• Rückraum rechts/Rechtsaußen: Christoph Steinert (HC Erlangen)
• Rechtsaußen: Timo Kastening (MT Melsungen)
• Kreis: Justus Fischer (TSV Hannover-Burgdorf), Johannes Golla (SG Flensburg-Handewitt), Jannik Kohlbacher (Rhein-Neckar Löwen) 

Seinen Platz auf der Spielmacherposition nimmt mit Nils Lichtlein ein Teamkollege ein. Lichtlein, Neffe von Bundesligarekordspieler Carsten Lichtlein und MVP der U21-WM 2023, bei der Deutschland sensationell den Titel holte, ersetzte Drux schon im ersten Halbjahr in der Bundesliga bei den Füchsen Berlin und verdiente sich seine erste Turniernominierung für die A-Nationalmannschaft. Als Backup des unverzichtbaren Juri Knorr wird dem 21-Jährigen eine wichtige Rolle zugetragen. 

Handball-EM: Dänemark ist der Topfavorit

"Unheimlich positiv", hat auch Drux die Entwicklung Lichtleins erlebt, "man sieht, wie viele Spielanteile er bekommen hat, in denen er zeitweise auch echt viel Verantwortung übernommen hat. Dadurch, und auch durch die U21-WM, hat er – auch in seiner Persönlichkeit – nochmal einen Riesenschritt gemacht und viel Selbstvertrauen getankt. Auch bei uns im Training ist er viel mutiger geworden und nimmt sich seine Aktionen mittlerweile einfach, was als Mittelmann unglaublich wichtig ist."

Training ist das Stichwort für Drux: Während der Füchse-Kapitän in Berlin an Form und Fitness arbeitet, um 2024 wieder in voller Stärke aufs Parkett zurückzukehren, traut er dem DHB-Team bei der Handball-EM eine gute Rolle zu, auch wenn Deutschland nicht zur Weltspitze gehört. "Dennoch glaube ich, dass wir eine gute Mischung haben – aus älteren, aber auch jüngerer und vielleicht etwas unerfahrenen Spielern, die aber eine Überraschung im Turnier werden können", sagt Drux, der auf eine Euphoriewelle hofft, Dänemark aber als klaren Titelfavoriten nennt. 

Handball-EM 2024: Spielplan der Gruppe A mit Deutschland