Die NFL ist ein vielfältiges Pflaster. Mal wird es spannend und dramatisch bis zum Schluss, mal will der Gegner angesichts des völligen Blowouts nur noch im Boden versinken. Mal kämpfen die Profis bei über 30 Grad Celsius mit der Hitze, manchmal bei bis zu -20 Grad Celsius mit der Kälte. Mal finden spektakuläre 80-Yard-Pässe und Hail Marys den Mann, mal gehen die einfachsten Spielzüge bodenlos in die Hose.
In Week 2 der diesjährigen NFL-Saison wurde es erstmals unappetitlich. Also, so richtig unappetitlich. Fraglich, ob Bilder dieser Art jemals in der langen Geschichte der besten Footballliga der Welt produziert wurden. Es ereignete sich beim Spiel der Green Bay Packers gegen die Indianapolis Colts, als sich Center Josh Myers unmittelbar vor dem von ihm selbst ausgeführten Snap übergeben musste. Mit seinem Erbrochenen traf er das Spielgerät - und snapte es trotzdem durch die Beine zu seinem Quarterback.
Malik Willis: Kein Passspiel bei Third-and-10 möglich
Eine unglaubliche Szene, die natürlich sofort auf sämtlichen Social-Media-Kanälen die Runde machte, schließlich bleibt eine Außergewöhnlichkeit wie diese im Hochglanz-TV-Produkt American Football nicht verborgen. Wobei von Hochglanz an dieser Stelle natürlich nicht mehr die Rede sein kann. Dazu kommt, dass Myers dieses unglaubliche Missgeschick auch noch in einer äußert kritischen Situation unterlief.
Bei Third-and-10 waren die Packers schließlich gehörig unter Druck. Quarterback Malik Willis, der sich seine Premiere als Starting Quarterback als Ersatz des verletzten Jordan Love sicherlich anders vorgestellt hat, sagte einen Passing-Spielzug an, konnte ihn mit dem vollgesauten Spielexemplar aber keinesfalls ausführen. Willis erkannte die unangenehme Situation und musste den Dropback abbrechen. Der Ball war schlichtweg nicht im Zustand, ihn auch nur ein Yard weit werfen zu können.
Stattdessen also improvisierte Willis und kam immerhin drei Yards weit. Natürlich nicht genug für ein neues First Down - und die Packers mussten punten. Spielentscheidend war es nicht, die Packers gewannen am Ende mit ihrem neuen Quarterback 16:10 und glichen damit ihre Bilanz nach der Auftaktniederlage gegen die Philadelphia Eagles, bei der sich Love kurz vor Schluss verletzte, aus.
Josh Myers liefert auch trotz Übelkeit ab
Nach dem Spiel äußerten sich die Protagonisten zu der kuriosen Szene. Allen voran erklärte sich der Übeltäter Myers. "Ich muss meinen Job machen", sagte er und erzählte, dass er sich bereits gegen die Eagles übergeben musste: "Keinen kümmert es, dass ich mich übergebe, wenn ich einen Sack zulasse. Ich muss meinen Gegner blocken. Das ist das einzige, was ich im Kopf habe."
Seine Übelkeit erklärte er sich mit den hohen Temperaturen, in Green Bay wurde bei knapp 30 Grad gespielt - weswegen QB Willis übrigens natürlich auch ohne Handschuhe spielte. "Vielleicht war es eine Hyperhydratation. Vielleicht war ich einfach zu voll mit Wasser", so Myers. Auswirkungen auf sein Spiel hatte sein Zustand nicht: Er und seine O-Line ließ keinen Sack zu, 261 Rushing-Yards der von Myers und Co. beschützten Packers-Offense waren einer der Schlüssel zum Erfolg gegen die Colts.
Für Verwirrung sorgte der betroffene Spielzug aber trotzdem allemal. "Ich habe Malik gefragt, warum er den Ball beim dritten Down nicht geworfen hat, und er sagte mir, dass Josh sich auf den Ball übergeben hat. Das war das erste Mal, dass ich sowas gehört habe", berichtete Matt LeFleur, dem der ausgebliebene Pass-Spielzug natürlich auch nicht entgangen ist.
"Der Offizielle kam zu mir und sagte: 'Wir haben gesehen, wie sich dein Center auf den Ball übergeben hat, sollen wir ihn das nächste Mal rausnehmen?' Ich habe gesagt: Ja, absolut! Es ging um eine kritische Situation. Es ist ein Third Down, und ich habe noch nie mit Erbrochenem auf dem Football werfen müssen. Malik fand es wahrscheinlich auch nicht so toll", so der Headcoach weiter.