Robert Klauß durchlief die RB-Schule in Leipzig, war Co-Trainer an der Seite von Julian Nagelsmann und steht jetzt in seiner zweiten Saison als Chefcoach beim 1. FC Nürnberg an der Seitenlinie. Mit 21 Punkten steht der Club auf Rang sechs der 2. Liga, am vergangenen Freitag verlor man zu Hause nach 1:0-Führung mit 1:2 gegen Werder Bremen.
Über diese Niederlage und wie der Rückschlag seine Stimmung beeinflusst spricht Robert Klauß im Interview mit Alex Schlüter und Benni Zander in der aktuellen und 108. Ausgabe kicker meets DAZN. Außerdem gibt der 36-Jährige Einblicke in die Philosophien als Trainer, klärt über das weit verbreitete Missverständnis bezüglich Umschaltfußball auf und spricht über Fehlereingeständnisse.
Mit kicker-Reporter Matthias Dersch beleuchten Alex und Benni zudem Borussia Dortmund und die Diskussionen rund um die Systemfrage Viererkette oder Dreier- beziehungsweise Fünferkette. Wie jede Woche wird auch in dieser Folge das vergangene Bundesligawochenende detailliert analysiert.
Zu hören ist diese Folge wie immer auf Abruf überall, wo es Podcasts gibt:
Robert Klauß über…
… die Niederlage des FCN gegen Werder Bremen
"Am Freitag zu verlieren, ist blöd und vor einer Länderspielpause ist doppelt blöd. Wenn du gewinnst, kannst du ganz entspannt am Wochenende die anderen Mannschaften anschauen und hast auch noch einen guten Start in die Pause. So tut das natürlich weh. Es hat meine Laune am Samstag nicht komplett verhagelt, aber sie war schon mal besser."
… die bisherige Saisonleistung des 1. FC Nürnberg
"Wir sind zufrieden. Wir haben eine stabile Mannschaft, sind gut im Verhindern gegnerischer Torchancen, lassen wenig zu und haben stabile Abläufe. So richtig klar ist es aber noch nicht, wohin es geht. Wir haben noch ein paar Themen, die wir bearbeiten müssen. Wir sind im Umschalten nach Ballgewinn noch nicht klar und im Ballbesitz sind wir noch nicht mutig genug. Mir ist zu diesem Zeitpunkt der Saison noch nicht ganz klar, wie sich das weiterentwickelt."
… seine Idee des Fußballs bei Nürnberg
"Auf der einen Seite wild und emotional, auf der anderen Seite mit klaren Abläufen. Wenn wir daraus eine gute Mischung hinbekommen, finde ich, dass uns der Fußball gut zu Gesicht steht."
… das Anpassen seiner Ideen an die Gegebenheiten eines Klubs
"Die Spielidee ist immer noch dieselbe, wie die, als ich angekommen bin. Die Umsetzung, die Mittel und das Personal haben sich etwas geändert - und das musste ich anpassen. Das betrifft zum einen die taktische Grundordnung, aber auch, wie wir in gewissen Spielsituationen agieren. Das hat sich angepasst an die 2. Liga, an die Voraussetzungen und auch an die Spieler, die wir zur Verfügung haben. Die Idee und die Prinzipien sind aber gleichgeblieben, weil ich davon überzeugt bin. Und weil ich gesehen habe, dass wir es mit den Jungs spielen können und sie Bock darauf haben."
… Trainerhandschrift als Gegenstück zu Flexibilität
"Die beiden Dinge schließen sich nicht aus. Für mich geht es eher darum zu sagen, dass die Prinzipien gleichbleiben, es aber abhängig von der Art des Spiels und des Gegners Dinge gibt, die sich unterscheiden. Es gibt wenige Mannschaften, die immer das gleiche machen können. Bayern München muss sich selten nach dem Gegner richten, die werden immer mehr Ballbesitz haben als der Gegner. Dann gibt es Mannschaften, die aufgrund ihrer Möglichkeiten tendenziell immer weniger Ballbesitz haben und etwas tiefer stehen. Und viele Mannschaften sind mittendrin, so wie wir in Nürnberg."
… die verschiedenen Arten von Trainern
"Die reine Ausprägung von Ballbesitztrainer und Umschalttrainer gibt es kaum noch. Viele Trainer können mittlerweile die meisten Elemente vereinen, sie tendieren nur in bestimmte Richtungen. Ich bin ausgebildet in Leipzig und habe die Grundlage im Spiel gegen den Ball sehr verinnerlicht, aber die grundsätzliche Idee, die ich immer habe, ist einen Umschaltmoment vorzubereiten. Das geht aber sowohl durch eine Balleroberung als auch durch Ballbesitz."
… das Umschaltspiel
"Umschalten wird oft als Ballgewinn und Konterspiel gesehen. Für mich und für viele andere Trainer bedeutet Umschalten nur, dass man schnellstmöglich bereit ist, von der einen in die andere Spielphase umzuschalten und dafür alles vorbereitet zu haben."
… den Traum eines jeden Trainers
"Der Traum eines jeden Trainer ist, dass man den Mannschaften einfarbige Trikots, Hosen und Stutzen anziehen kann, nichts draufschreibt und jeder das Spiel sieht und sagt: Das ist der Fußball von dem und dem. Egal in welcher Grundordnung, in welchen Trikots und gegen welchen Gegner. Der Traum eines jeden Trainers ist, dass man die Handschrift sehen kann."
… die Kommunikation mit Spielern
"Die Spieler haben immer noch einmal ein anderes Gespür. Sie fühlen sich sicher in bestimmten Grundordnungen, obwohl man als Trainer von außen denkt, dass das jetzt nicht zum Gegner passt. Das ist wichtiger als die Theorie. Die Spieler sind schlauer als man denkt. Als Trainer muss man ganz genau zuhören und ein Gefühl dafür bekommen, wie sie sich wohlfühlen."
… das Eingestehen von Fehlern gegenüber der Mannschaft
"Man darf das natürlich nicht nach jedem verlorenen Spiel machen, es gibt aber Momente, in denen man einfach ehrlich sein muss. Das hilft in der Zusammenarbeit. Genauso, wie wenn ich sage, dass ich das Gefühl habe, dass da mehr ging oder dass ich enttäuscht bin. Da kann ich auch mal sagen: "Männer, wir haben das heute nicht gut gemacht in Summe und da nehme ich mich nicht aus." Ich glaube, dass das für die Zukunft hilft."
… die Faszination 2. Liga
"Aus meiner Perspektive ist es eine super Liga, weil sie für junge Spieler und Trainer top Arbeitsbedingungen bietet: hochprofessionell, geile Stadien, gute Traditionsvereine. Weil die Liga so ausgeglichen ist, darfst du Fehler machen, kannst daraus lernen und dich entwickeln. Das ist auch ein Grund, wieso die Liga so eng beieinander ist. Viele Mannschaften treffen mutige Entscheidungen, machen gute Arbeit mit vielleicht nicht ganz so großem Budget. Durch Corona nähern sich die Etats der Vereine auch mehr an und die Kaderstärken sind sehr ähnlich."