Es war eine beinahe unmögliche Aufgabe, in die sich Jürgen Klopp und der FC Liverpool vor knapp drei Jahren hineinmanövriert hatten: Das Halbfinal-Hinspiel der Champions League hatten die Reds mit 0:3 im Camp Nou verloren, vor allem dank eines späten Doppelschlags von Lionel Messi hatte der FC Barcelona vor dem Rückspiel vermeintlich beste Karten.
So zumindest die Wahrnehmung vieler Fußballfans damals – aber nicht von Christoph Kramer. Der Gladbach-Profi verfolgte das Spiel damals auf DAZN und sollte an diesem 7. Mai 2019 Zeuge einer Aufholjagd für die Geschichtsbücher werden – auch dank eines ikonischen Geistesblitzes von Trent Alexander-Arnold.
In der ersten Folge des neuen Formats #DAZNmoments lässt Kramer den 4:0-Sieg beim Wunder von Anfield Revue passieren, spricht ehrfürchtig über Lionel Messi, seine Bewunderung für Jürgen Klopp und Anfield sowie die Liebe für schnell ausgeführte Eckbälle.
Christoph Kramer bei #DAZNmoments über …
… das Rückspiel zwischen Liverpool und Barcelona: "Ich habe das Spiel mit zwei Freunden bei mir zuhause geschaut. Und uns war damals schon klar, dass da etwas drin ist! Es war auch nicht mehr das Prime-Barcelona im 4-3-3, sondern das im 4-4-2, bei dem Suarez und Messi sich komplett rausgenommen haben. Man hatte schon im Hinspiel gesehen, dass das nicht mehr das Barcelona war, bei dem man sich dachte: 'Da kann gar nix passieren.'"
… die Ecke, die zum 4:0-Siegtreffer führte: "Vielleicht ist das einer meiner Top-10-Momente beim Fußballgucken überhaupt. Ich liebe schnell ausgeführte Ecken und ich verstehe nicht, warum das nicht häufiger gemacht wird. Immer dieses: Alle sind drin, die Innenverteidiger haben ihre Männer, dann hebe ich jetzt meine Hand und schieße die Ecke. Wenn du einfach den Ball hinlegst und reinschießt, können richtig viele Dinger entstehen. Ich bin jemand, der selten zuhause vor dem Fernseher jubelt, aber da hab ich's getan. Obwohl ich eigentlich – mit Blick auf das, wofür ich im Fußball gerne stehe – zu Barcelona halte. Geile Szene!"
… seine eigenen Duelle mit Messi und sein WhatsApp-Profilbild, auf dem er im Zweikampf mit dem Argentinier zu sehen ist: "Das wird für immer mein WhatsApp-Profilbild sein, für den Moment habe ich meine ganze Karriere Fußball gespielt. Ich finde das bewundernswert: Man geht gegen ihn auf den Platz und denkt sich: 'So, jetzt hole ich mir den Ball.' Und er hat das gegen alle, jeder will gegen Messi einen Zweikampf gewinnen, aber keiner schafft es so richtig."
… den Respekt vor Messi: "Ich hätte gerne mit ihm gesprochen, hatte aber zu viel Respekt, das Gespräch aufzubauen und ich wüsste auch nicht, in welcher Sprache. Ich muss auch sagen – und so ein Gefühlt hatte ich sonst nur, als ich den Papst getroffen habe: Es hat etwas Ehrfürchtiges, wenn er einem gegenübersteht."
… Messis Spielweise: "Das denkt man gar nicht, aber er ist einfach kräftig – und das hat auch ganz viel mit den Zweikämpfen mit dem Arm zu tun. Er hat einen unfassbar starken Arm, auch wenn sich das blöd anhört. Messi geht nie mit der Schulter in den Zweikampf, sondern hält sich die Gegenspieler mit dem Ellenbogen weg. Und diese Distanz, diese Armlänge, die kriegst du nicht weg und ihn nicht bewegt. Es ist auch kein Zufall, dass – wie in einem Comic – alle aufeinander stürzen und plötzlich geht Messi mit dem Ball raus und hinter ihm bleibt eine Staubwolke. Er hat einfach mehr Kraft."
… Jürgen Klopp als Person und als mögliches Vorbild als Trainer: "Es ist kein Geheimnis, dass er vor der Kamera nicht besonders anders ist als hinter der Kamera. Wenn er Interviews gibt, wenn er spricht, denkt man: Ja, so ist das und genauso musst du es sagen. Er macht gefühlt alles richtig - und das über Jahre. […] Ich kenne seinen Stil zu wenig und glaube auch, dass man ihn in der fachlichen Richtung ganz krass unterschätzt. Er hat auch etwas, das man nicht lernen kann – etwas Empathisches, ein Gefühl für den Menschen und Situationen. Das kann man sich nicht abschauen oder danach streben, das hat man oder nicht."
Bild: Getty Images
Christoph Kramer im weiteren Gespräch mit DAZN über …
… seine Begeisterung für das Wunder von Anfield und das Stadion: "Auf meiner Lebens-To-Do-Liste stand immer, einmal an der Anfield Road zu spielen. Das ist für mich die Geburtsstätte des Fußballs, da schlägt – ohne zu überschwänglich zu werden – das Herz des Fußballs. "You'll Never Walk Alone" – wenn das kommt, da denkt jeder Fußballer: Ja, hier wurde der Fußball gezeugt!"
… seinen Lieblingstyp Fußballer: "Mein Lieblingstyp Fußballer geht in die Richtung Xavi oder Sergio Busquets, die liebe ich über alles. Nicht schnell, dafür technisch auf engem Raum sehr gut. Wenn ein Thiago sich aufdreht, dann geht mir das Herz auf, weil das so geil aussieht. Milner und Henderson gucke ich nicht gerne zu, wenn sie schießen oder dribbeln - aber ich kann ihnen viel für ein Spiel abgewinnen und weiß, wie wichtig sie an so einem Abend sind."
… einen Wechsel zu Liverpool, hätte er die Anfrage bekommen: "Die ganz Dicken haben in meiner Karriere nicht angerufen. Ich liebe Gladbach und dazu stehe ich, aber hätte mich Jürgen Klopp angerufen und gesagt 'Pass auf, kannst du dir vorstellen bei Liverpool zu spielen?', dann hätte ich wahrscheinlich zugesagt. Es ist ja ein offenes Geheimnis: Es gibt ein paar Mannschaften auf der Welt, da gibt's da kein Wenn und Aber, wenn du den Fußball liebst. Dann ist kein Weg zu weit und kein Gehalt zu niedrig - dann musst du's machen. (lacht) Real, Barca, United, Liverpool, von denen habe ich selber noch Trikots im Schrank und fand sie als Kind schon geil."
… sein schönstes Spiel auf Klubebene: "Mein schönstes Spiel auf Vereinsebene war mit Gladbach in Glasgow gegen Celtic, so eine Stimmung habe ich noch nie erlebt. Wir haben 2:0 gewonnen und es war kein fußballeischer Leckerbissen - aber von der Stimmung her Wahnsinn. Wir sind danach noch mit ein paar aus der Mannschaft in einen Pub gegangen, das war ein Tag, an den ich mich noch ewig erinnern werde."
… Gladbachs vergangene Saison in der Champions League: "Dass wir mit Gladbach diese Gruppe ziehen und dann im San Siro vor null Zuschauern und gegen Real Madrid in diesem Amateurstadion und nicht im Bernabeu auch vor keinem Menschen spielen, das bricht dir natürlich erstmal das Herz. Aber dass wir in der Gruppe als Zweiter weiterkommen und auch der Moment, in dem alle Stoßgebete zum Himmel rufen, dann wird das andere Spiel abgepfiffen und alle springen rum – das ist nicht nur ein DAZN Moment, sondern auch ein Moment meiner Karriere."