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Ein Foto veränderte alles: Wie Mesut Özil zum Feindbild vieler Fußballfans wurde

Ein Foto veränderte alles: Wie Mesut Özil zum Feindbild vieler Fußballfans wurdeGetty Images

Mesut Özil hat seine eindrucksvolle Karriere beendet. Am Mittwoch, dem 22. März, zog er mit einem emotionalen Statement in den Sozialen Medien einen Schlussstrich und sprach von einer "unglaublichen Reise", vollgepackt mit "unvergesslichen Momenten und Emotionen". Auch seinen Klubs Schalke, Werder Bremen, Real Madrid, FC Arsenal, Fenerbahce und Basaksehir dankte er. Dazu postete er Bilder, die ihn in den Trikots seiner Klubs zeigen, auch ein Bild im Deutschland-Trikot sowie der WM-Titel 2014 fanden ihren Platz in Özils Abschiedspost.

Doch den Status des Nationalhelden hatte Özil in Deutschland schon lange vor seinem Karriereende eingebüßt, vielleicht hatte er ihn auch nie. Seine Leistungen auf dem Platz wurden immer besonders skeptisch beäugt. Seine Leistungskurve kannte oft nur Extreme. Entweder, er zauberte, dann wurde er gefeiert. Oder aber er ließ die Schultern hängen und erweckte den Eindruck, über den Platz zu traben. Dann hagelte es teils heftige Kritik. Özil war halt nie ein Kämpfer auf dem Platz, er hatte andere Stärken.

Doch keine sportliche Leistung verursachte einen derartigen gesellschaftlichen Diskurs wie ein Foto im Mai 2018. Die WM in Russland war nur wenige Wochen entfernt, der beim FC Arsenal spielende Özil war ein wichtiger Baustein für Bundestrainer Joachim Löw, der seinen Lieblingsschüler immer schätzte und in Schutz nahm.

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Özil und Gündogan posieren mit Erdogan: Der Anfang vom Ende

Am 14. Mai aber tauchen Bilder von Özil, Nationalmannschaftskollege Ilkay Gündogan sowie dem in Wetzlar geborenen türkischen Nationalstürmer Cenk Tosun auf, wie sie mit dem türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan posieren und ihm jeweils ein Trikot ihrer damaligen Klubs überreichen. Gündogan, der ebenfalls für die WM eingeplant ist, schreibt sogar eine persönliche Widmung an Erdogan: "Für meinen verehrten Präsidenten, hochachtungsvoll."

Wenige Wochen vor einem Turnier, das die Nation wieder - wie vier Jahre zuvor - begeistern und zusammenrücken lassen soll, senden zwei der Nationalspieler die vermeintliche Botschaft, ihr Herz hänge vielleicht doch eher am Land ihrer Wurzeln und nicht an jenem, dessen Trikot sie tragen und in dem sie geboren wurden. Zumal Erdogan politisch damals bereits in westlichen Ländern hochumstritten.

Für viele Menschen und auch Politiker in Deutschland steht nach den Fotos fest: Nationalspieler, die offen ihre Zuneigung gegenüber einem Politiker wie Erdogan zeigen, können nicht gleichzeitig deutsche Werte vertreten, identifizieren sich also nicht mit Deutschland und gehören deshalb nicht in die Nationalmannschaft. Forderungen nach dem Ausschluss der beiden Spieler werden laut. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier führt persönliche Gespräche mit den beiden.

An eine normale WM-Vorbereitung ist nicht mehr zu denken, bei den Vorbereitungsspielen gegen Österreich und wenige Tage später in Saudi-Arabien werden Özil und Gündogan teils lautstark ausgepfiffen. Was den deutschen Fans bei Özil aber besonders sauer aufstößt: Er äußert sich nie öffentlich zu der Thematik. Anders Gündogan. "Wir haben aufgrund unserer türkischen Wurzeln noch einen sehr starken Bezug zur Türkei. Das heißt aber nicht, dass wir jemals behauptet hätten, Herr Steinmeier sei nicht unser Bundespräsident oder Frau Merkel nicht unsere Bundeskanzlerin", sagt Gündogan. Özil aber schweigt.

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Peinliches WM-Aus in Russland: Özil wird zum Sündenbock

Bei der anschließenden WM enttäuscht das DFB-Team auf ganzer Linie und scheidet bereits in der Vorrunde aus. Özil steht bei beiden Niederlagen gegen Mexiko und Südkorea über die komplette Spielzeit auf dem Platz und zeigt schwache Leistungen. Es kommt, wie es kommen musste: Der Spielmacher, der 2014 noch ein Gesicht des großen Erfolges war, wird nun zum Sündenbock des Scheiterns einer ganzen Nation.

Özil steht am Pranger und wird von vielen Seiten kritisiert, der damalige DFB-Präsident Reinhard Grindel fordert ein Statement des Spielers. Das kommt am 22. Juli - und ist eine nie gekannte Abrechnung mit dem deutschen Fußball. Er spricht offen von Rassismus, holt zum Rundumschlag gegen den DFB, Medien und Sponsoren aus und erklärt seinen Rücktritt aus der deutschen Nationalmannschaft. Bundestrainer Löw versucht, Özil umzustimmen, doch dieser hat mit dem Kapitel abgeschlossen. 

Sportlich befindet sich der damals 29-Jährige bereits auf dem absteigenden Ast, er kann nie wieder an seine Bestleistungen anknüpfen. Im Januar 2021 wechselt er in die Türkei zu Fenerbahce Istanbul. Im März 2022 wird Özil suspendiert, er wechselt zu Basaksehir, kann dort aufgrund von Verletzungen aber kaum noch mitwirken. Schließlich beendet er seine Karriere im Alter von 34 Jahren. Was bleibt, sind Erinnerungen an einen überragenden Fußballer. Und an einen Menschen, der wegen eines Fotos zum Feindbild einer ganzen Nation wurde.