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"Er wäre nie entdeckt worden": Wie Mo Salah dank einer Compilation beim FC Basel seinen Durchbruch feiern konnte

"Er wäre nie entdeckt worden": Wie Mo Salah dank einer Compilation beim FC Basel seinen Durchbruch feiern konnteSEBASTIEN BOZON/AFP via Getty Images
Ein unbekannter Ägypter aus dem Fußball-Niemandsland ganz allein in der kalten Schweiz? Konnten sie sich beim FC Basel nicht vorstellen. Ein ganz besonderes Video und ein eigenartiges Probetraining sorgten für ein Umdenken. Und obwohl Bundesligaklubs aus Hamburg oder Köln ihre Chance verpassten, öffnete sich der europäische Fußball mit Mohamed Salah doch noch für einen der aufregendsten Stürmer unserer Zeit. DAZN sprach mit den Protagonisten, bei denen Salahs Geschichte bis heute nachwirkt.

Der Start einer Weltkarriere beginnt mit einem Video. Der Aufstieg zur Bühne für einen Künstler, der heute zu den besten Fußballern der Welt gehört, komprimiert in 15 verpixelte Minuten, unterlegt mit zwei Evergreen-Hip-Hop-Beats in Dauerschleife und betitelt mit einem schlichten Namen: "Mohamed Salah".

"Hallo Gecke", mailt Spielerberater Sascha Empacher dazu am 14. Februar 2012 an Georg "Gegge" Heitz, "bitte schau Dir diesen Spieler an." Heitz ist zu diesem Zeitpunkt Sportdirektor beim FC Basel. Als Macher prägt er zwischen 2008 und 2017 die erfolgreichste Ära des Schweizer Traditionsvereins mit acht Meisterschaften in Folge, drei Pokalsiegen und mehreren, aufsehenerregenden Auftritten im Europapokal.

Ein halbes Jahr später würde der Klub Ersatz für seinen besten Spieler brauchen: Publikumsliebling und Leistungsträger Xherdan Shaqiri wird für viel Geld zum FC Bayern wechseln. Also schaut sich Heitz diesen Spieler an. Und staunt. Wenig später schaut er sich das Material erneut an, diesmal gemeinsam mit seinem Trainer. "Nach 30 Sekunden habe ich zu Gegge gesagt: Was ist das denn?", erinnert sich Heiko Vogel im Gespräch mit DAZN, "das waren herausragende Szenen. Das war Wahnsinn."  

Vorbehalte stehen einer Verpflichtung im Weg

Rückblick: Im Sommer 2011 findet in Kolumbien die U20-Weltmeisterschaft statt. Für den FC Basel ist Roberto Crausaz vor Ort. Crauzas kommt aus Argentinien, arbeitet heute als unabhängiger Berater und Spielerbeobachter und war viele Jahre für den FCB im südamerikanischen Raum für das Scouting zuständig. Er wird auf den 19-jährigen Mohamed Salah aufmerksam, der für Ägypten jede Minute spielt und im Achtelfinale an Argentinien scheitert.

"Dieser Antritt, seine Schnelligkeit, das Eins gegen Eins: Das war damals schon so überraschend wie heute", erinnert sich Crauzas im Gespräch mit DAZN: "Ständig hat er gefährliche Situationen provoziert." Mit Ahmed El Shenawy, Ahmed Hegazy oder Mohamed Elneny hat Ägypten eine talentierte Truppe, "aber Salah war derjenige, bei dem etwas passierte. Er hat wild gespielt, war immer in Bewegung und schlecht vor dem Tor. Trotzdem war er derjenige, der den Unterschied gemacht hat."

Crausaz erfährt darüber hinaus bei seiner Recherche vom tadellosen Charakter und der ehrgeizigen Einstellung des jungen Salah und ist überzeugt von seiner Entdeckung. Er kehrt mit den Erkenntnissen zurück und stellt sie seinem Verein vor, trifft aber auf Skepsis. "Shaqiri war die große Nummer bei uns", sagt Sportdirektor Heitz zu DAZN. Der Shaqiri-Transfer wurde zwar erst im Februar 2012 vereinbart, doch intern war schon früher klar, dass das aufstrebende Top-Talent eher früher als später ersetzt werden muss. "Die erste Reaktion war: Kann das ein Ägypter?", sagt Heitz, "es waren diese blöden Klischees. Ägyptische Spieler haben jetzt in Europa noch keine Berge versetzt."

Salah kommt als potenzieller Neuzugang auf den Tisch und wird diskutiert, kulturelle Vorbehalte und Ungewissheit führen aber dazu, dass Abstand genommen wird. Das Video, das ein paar Monate später zugemailt wird, ist der zweite Wink mit dem Zaunpfahl. Eine Gnade des Schicksals, wenn man so will. Nicht nur für Heitz persönlich. Ein zweites Mal lassen sich er und der FC Basel die große Chance nicht entgehen.

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Kaum Scouting in Ägypten

Die Firma, die hinter diesem Querschnitt steht, heißt SPOCS, der Gründer und Chef dieser Spielerberateragentur ist Sascha Empacher. Empacher hat sich Mitte der 2000er Jahre auf den afrikanischen Fußball-Markt spezialisiert und zeichnet verantwortlich für zahlreiche Transfers afrikanischer Talente in die kleinen und großen europäischen Ligen. Er transferierte Isaac Vorsah nach Hoffenheim, Abdul Rahman Baba nach Fürth oder Trezeguet nach Anderlecht. Im Gespräch mit DAZN sagt Empacher: "Es ist ein großer Irrglaube von Redakteuren und Fans, dass Fußballvereine Fußballspieler entdecken. Das machen eigentlich die Agenten."

Zwei seiner Agenten, die Freunde Yahia Ali und Ibrahim Azab, sind für den ägyptischen Raum zuständig und entdecken Salah, als er bei Al Mokawloon unter Vertrag steht. Ein kleiner Werksklub, der auch unter dem Namen des Konzerns bekannt ist, der dahintersteht: Arab Contractors. Das Großunternehmen gehört zu den wichtigsten und größten Baukonzernen in Nordafrika. Der Fußballverein dagegen spielt im fußballbegeisterten Land eine untergeordnete Rolle. Trotz guter Infrastruktur ist die einzige Meisterschaft 40 Jahre lang her, ohne bedeutende Fanbase spielt der Klub fernab der allgemeinen Aufmerksamkeit auf einem mittelmäßigen Leistungsniveau.

"Salah ist kein Wunderspieler in Ägypten. Viele haben direkt Bundesliga- oder Premier-League-Qualität", sagt Empacher. "Es ist nur ein Markt, der wenig bis gar nicht gescoutet wurde und wird." Nachdem Azab, den er ein "Diamantenauge" nennt, die Compilation zusammengeschnitten hat, schickt es Empacher an einige Vereine in ganz Europa, unter anderem auch an den 1. FC Köln und Hamburger SV aus der Bundesliga.

Eine Compilation fürs Museum

Und so stehen nun Gegge Heitz und Trainer Vogel in Basel im Büro des Sportdirektors und staunen über die 15-minütige Zaubershow. Sie sehen einen jungen, kindlichen Stürmer, der schießt, dribbelt, flankt, trickst. Mal auf rechts, mal auf links, mal im Zentrum. Einmal stiehlt er einem mit dem Rücken zu ihm stehenden Gegenspieler durch dessen Beine den Ball. Jedes Mal rennt er mit Nähmaschinenantritt allen davon.

Das Netz ist überflutet von schlecht geschnittenen Amateurvideos und professioneller produzierten Compilations, in denen meist auch zweit- oder drittklassige Fußballer daherkommen wie der nächste Lionel Messi. Die treibenden Bässe des Motivationshits "Remember the Name" des US-amerikanischen Rap-Projekts Fort Minor - ein treuer Begleiter, auch in diesem Fall. Trotzdem verdient das Video "Mohamed Salah" Kultstatus und einen Platz im digitalen Sportmuseum, würde es denn existieren, ebnete es doch den Weg für einen der aufregendsten Stürmer der 2010er und 2020er Jahre im europäischen Fußball.  

"Diese Best-Of-Videos sind meistens ziemlich geschönt. Aber man konnte schon sehen, dass entweder die anderen Spieler absolut gar nichts können oder der Junge wirklich gut ist", erinnert sich Heitz. Und Vogel kann sein Glück kaum fassen, als sein Sportdirektor ihm eröffnet, dass Salah zum Probetraining kommen würde. "Mo war zum damaligen Zeitpunkt in Ägypten schon auf dem Weg zum Star", sagt er und verweist auf dessen ordentliche Torquote in den Junioren-Nationalteams und bei den unscheinbaren Arab Contractors.

Schon im November 2011 debütierte Salah in der A-Nationalmannschaft. "Wenn ein Spieler von diesem Format angeboten wird", so Vogel, "und der hat keine Bedenken, zum Probetraining zu kommen, dann ist das ein Zeichen der Stärke." Empacher allerdings widerspricht: "Salah kannte damals keiner. Hätten wir nicht entschlossen, ihn zu vermarkten, wäre er nie entdeckt worden."

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Eine Tragödie macht den Weg frei

Es ist Februar 2012, als der ägyptische Fußball zum Erliegen kommt. Bei der Stadionkatastrophe in Port Said sterben 74 Fans des größten Klubs des Landes, Al Ahly aus Kairo. Weil die Ultras ein Jahr zuvor in vorderster Reihe auf dem Tahrir-Platz an den Protesten gegen Autokrat Husni Mubarak beteiligt waren, wird es im Nachhinein als gezielter Vergeltungsschlag des Machtapparats gegen die Al-Ahly-Fans gedeutet.

Der Saisonabbruch ist ein tragischer Zufall. Denn es ist fraglich, ob Salahs Probetraining in der Schweiz zu solch einem ungewöhnlichen Zeitpunkt bei laufendem Spielbetrieb hätte stattfinden können. So aber reist er am 14. März 2012 an. Er kommt allein, Vogel und Heitz nehmen ihn in Empfang, Landsmann und Entdecker Yahia Ali vermittelt und übersetzt. Sie treffen auf einen zurückhaltenden und schüchternen Jungen, beinahe scheu, aber immer höflich und interessiert.

"Wir haben ihn vom Flughafen abgeholt und ins Hotel gebracht. Das war ein sehr angenehmer Abend. Diese Offenheit, diese Neugier und diese Demut, die Momo ausgestrahlt hat", erinnert sich Vogel. Dass der Fußball in seinem Heimatland auf unbestimmte Zeit brachliegt, die politische Gesamtlage undurchsichtig ist und es um seine berufliche Zukunft geht, lässt er sich zumindest äußerlich nicht anmerken. "Der Spieler hatte einen so klaren Kopf", sagt Heitz, "der wusste ganz genau, was er wollte. Der hat sich von nichts ablenken lassen."

Zwei Tage später findet ein extra arrangiertes Testspiel des Schweizer Meisters gegen die ägyptische U23-Auswahl statt, die sich für die Olympischen Spiele in London vorbereiten muss und mittlerweile nachgereist ist. Basel hatte gerade mit 0:7 im Champions-League-Achtelfinale beim FC Bayern verloren und ein spielfreies Wochenende vor sich. Für Heitz und seinen Klub die perfekte Tarnung, um Salah unter Wettkampfbedingung zu beobachten.

Der anfänglichen Ernüchterung, dass er in der Startformation fehlt, folgt die Begeisterung über zwei Salah-Tore nach Einwechslung im zweiten Durchgang. Das Probetraining in der ersten Mannschaft, das nach dem spielfreien Wochenende beginnt, lässt allerdings wieder die Zweifel aus dem Sommer 2011 aufkommen.

"Der trainiert wie ein Tourist"

"Wir hatten ihn groß angekündigt und waren uns sicher, dass er eine Bombe ist, und dann hat er noch nicht alles bestätigen können", sagt Vogel. Und Heitz erinnert sich an die Worte des damaligen Co-Trainers Markus Hoffmann, der sagte: "Der trainiert wie ein Tourist." Die zwei Befürworter, eigentlich längst von einem Transfer überzeugt, wundern sich über technische Anfälligkeit gepaart mit gescheiterten, kopflosen Dribblings und laschen Einsatz. "Wir haben uns gefragt, ob er vielleicht einen Zwillingsbruder hat", so Vogel.

"Er hat quasi körperlos trainiert", sagt Heitz, der den Verdacht hat, Salah sei das Probetraining von seinem Umfeld als Kennenlernen verkauft worden im Glauben, der Deal sei schon finalisiert. "Totaler Blödsinn", widerspricht Empacher, "wenn ich einen Spieler irgendwo ins Training schicke, sage ich ihm, dass er Vollgas geben muss."

Bei Salah ist trotzdem der freundliche Hinweis, er möge doch bitte etwas mehr anbieten, um auch die restlichen Funktionäre und Entscheider im Verein rund um Präsident Bernhard Heusler vollends zu überzeugen, vonnöten, um das wahre Potenzial des Ausnahmetalents zu Gesicht zu bekommen. Heitz und Vogel nehmen ihn dafür zur Seite. "Und dann ist er im Training explodiert", sagt Heitz. "Sowas Dominantes wie am zweiten Trainingstag habe ich noch nicht gesehen. Im Zwei gegen Zwei hat er mit allen Katz und Maus gespielt. Er war von keinem meiner Spieler zu halten", erinnert sich Vogel.

Für seine Mannschaft ist Salah eine Wundertüte, ein unbekannter Spieler aus dem fernen arabischen Raum ohne Profil. Und gestandene Recken wie Alexander Frei oder Marco Streller staunen nicht schlecht, als Salah auf einmal los sprintet und mit seinem linken Fuß gnadenlos vor dem Tor ist. Sie reagieren mit einem ungläubigen Mix aus Perplexität und Vorfreude. Denn nachdem sie das echte Leistungspotenzial gesehen haben, waren beim FC Basel die Zweifel endgültig ausgeräumt.

Spezielle Verhandlungen in Kairo

"Mo ist kein Platzhirsch", erklärt Empacher die anfänglichen Schwierigkeiten im Probetraining, "am Anfang ist er schüchtern und anerkennungsgetrieben. Und wenn er die Anerkennung kriegt, dann dreht er auf." Auch Heitz und Vogel sind sich am Ende der Probezeit einig, dass der behäbige Beginn in dem neuen Umfeld und dem kalten Wetter begründet liegt.

Also reist Heitz nach Kairo, um den Transfer zu finalisieren. "Wir in der Schweiz waren überzeugt: Wir hatten einen Deal. Wir hatten uns per Fax auf eine Ablösesumme von 1,2 Millionen Euro geeinigt", erinnert er sich. Vor Ort merkt der Sportdirektor schnell, dass seine Verhandlungspartner von dieser Einigung nichts wissen.

Es stellt sich heraus, dass Arab Contractors zahlreiche Flughäfen und staatliche Behörden im nordafrikanischen Raum hochzieht, mit Transfers von Fußballspielern aber offenbar wenig Erfahrung hat. "Das war vermutlich der erste internationale Transfer, den die getätigt haben", mutmaßt Empacher. "Die Verhandlungen waren speziell", schmunzelt Heitz.

Verhandlung mit dem künftigen Premierminister

Erst nach stundenlanger Gespräche mit einer Gruppe Abgesandter merkt der erfahrene Sportsmann, dass keiner der ihm gegenübersitzenden Gesprächspartner Befugnisse hat, eine Entscheidung zu treffen. Erst als er freundlich, aber entschlossen fordert, mit dem CEO reden zu dürfen, geht es voran. "Da stand ich dann mit leeren Händen. Meine schöne Schweizer Schokolade hatte ich schon an die anderen verteilt", erinnert er sich an sein Treffen mit Ibrahim Mahlab.

"Dann fiel der in den Salah-Geschichten bereits vielfach zitierte Satz: 'Wenn Sie einen Rolls-Royce kaufen wollen, dann müssen Sie auch für einen Rolls-Royce bezahlen.'" Heitz einigt sich mit Mahlab auf eine Ablöse von 1,8 Millionen Euro und fliegt zufrieden zurück nach Hause. Zwei Jahre später erfährt er zufällig aus den Nachrichten, dass Mahlab zum Premierminister Ägyptens ernannt wurde.

Mohamed Salah Karim Benzema 06042021Quelle: Getty ImagesGetty Images

Die richtige Entscheidung?

"Basel war zu der Zeit das Nonplusultra der kleinen Ligen. Einen besseren Verein gab es in der Hinsicht nicht", ordnet Empacher Salahs Perspektive beim Schweizer Doublesieger und Europapokal-Teilnehmer ein. Einziger ernsthafter und konkreter Konkurrent im Werben um ihn war der portugiesische Erstligist Sporting Braga. Vereine aus der Bundesliga nahmen Abstand.

Und doch ist der Schritt ins Ausland nicht selbstverständlich. In seiner Heimat hätte Salahs Weg irgendwann zu den großen Teams Al Ahly oder Zamalek führen können, beide sind wie die Arab Contractors in Kairo angesiedelt. Dort lässt sich mehr Geld verdienen als in Basel oder bei anderen Sprungbrett-Vereinen. Bei Salahs Talent stellt sich diese Frage aber nicht. "Das ist Mo", schildert Vogel, "mit 20 Jahren hatte er schon einen unfassbar klaren Verstand. Er wusste genau, wohin er will."

Dafür nimmt er potenzielle Anpassungsschwierigkeiten und Konfrontationen mit Vorurteilen in Kauf. Salah weiß nichts von der Schweiz, geschweige denn von Basel. In der GQ erinnert sich der heute 29-Jährige: "Das Wetter war kalt, ich konnte kein Englisch, kein Deutsch, niemand im Klub sprach Arabisch." Alltägliche Dinge wie Fernsehen schauen, Nachrichten lesen oder Essen bestellen wurden zur Herausforderung. "Es war echt hart."

Integration aus dem Lehrbuch

Und auch Basel hat keinerlei Erfahrung mit ägyptischen Fußballern, Salah ist der erste Ägypter der Vereinsgeschichte, der beim damaligen Serienmeister unter Vertrag genommen wird. "Die Befürchtung war: Es kommt ein streng gläubiger Moslem, der ist sicher verschlossen", präzisiert Heitz die Vorbehalte, die sich aber in keiner Weise erfüllen: "Und dann kam ein moderner, witziger, intelligenter junger Mann, der genau wusste, was er wollte. Er war sehr humorvoll."

Mit Pascal Naef nimmt sich ein erfahrener Teammanager Salahs an. "Ohne ihn wäre ich verloren gewesen", sagt Salah einmal über Naef, dessen Menschenkenntnis und Diskretion in ganz Basel geschätzt wird. Daneben hat Salah mit Freund und Berater Yahia Ali weiterhin einen treuen Wegbegleiter und Übersetzer. Nach nicht mal drei Monaten, in denen er sein zuvor höchstens brüchiges Englisch beinahe perfektioniert, ist die Übersetzung schon mal überflüssig.  

Salah lebt mitten in der Innenstadt, um zumindest einen Hauch des gewohnten Großstadt-Trubels zu bewahren, fährt mit seinem weißen Scirocco durch die Gegend und gliedert sich in die Gruppe ein. Heitz erinnert sich an eine besonders enge Freundschaft mit dem Südkoreaner und Ex-Dortmunder Ju-ho Park: "Ich weiß bis heute nicht, wie die sich anfangs verständigt haben."

Mit der erfolgreichen und beeindruckend schnellen Integration zeigt Salah, dass er nicht nur ein einzigartiger Fußballer ist, sondern auch ein außergewöhnlicher Charakter. Der Kontrast der politischen und kulturellen Lagen beider Länder, die Sprachbarriere, das Klima, das neue Leistungsniveau: Was Stolpersteine sein konnten, saugt Salah mit Interesse und Demut auf. Und behält dabei seine spielerische, kindliche Note, die immer wieder in seinen braunen, stets lachenden Augen aufblitzt und sein Auftreten auf und abseits des Platzes noch heute auszeichnen.

Vom Chancentod zum Top-Stürmer

Auch der zunehmende mediale Druck, weil gerade zu Beginn noch nicht jeder Hochkaräter im Netz landet, lässt ihn unberührt. Salah fehlt die Routine, sein rechter Fuß ist mehr Handicap als Nutzmittel, zu oft will er mit dem Kopf durch die Wand. Aufgrund seiner Tempovorteile schafft er das auch, steht dann aber kraftlos vor dem Tor. "Im Ferrari-Modus ist es unglaublich schwierig, eine perfekte, enge Ballführung zu haben", beschreibt es Vogel, "er war ein Chancentod, weil er die Schusstechnik eines 13-Jährigen hatte", sagt Co-Trainer Hoffmann dem Kurier.

Mit der Zeit und dem richtigen Training geht es bergauf. "Basel hat ein Wohlfühlklima geschaffen", sagt Empacher, der ein halbes Jahr später mit Mohamed Elneny einen weiteren prominenten Ägypter in die Schweizer Großstadt transferiert. "Er fühlte sich vom ersten Moment an wie zu Hause", sagt Scout Crausaz. Der FC Basel verteidigt die Meisterschaft, verliert das Pokalfinale erst im Elfmeterschießen. Salah wird in seiner Debütsaison zum besten Spieler der Super League gekürt. In der Europa League wird mit dem Halbfinaleinzug das beste Ergebnis aller Zeiten in einem europäischen Wettbewerb eingefahren.

Ab Sommer 2013 kommen erste Anfragen großer Vereine, unter anderem ist auch schon der FC Liverpool dabei, der aber zu lange zögert. Jürgen Klopp verrät 2017 als LFC-Coach, dass er Salah in jenem Sommer nach Dortmund holen wollte, Bayer Leverkusen war ebenfalls interessiert. Heitz aber überzeugt Salah, zu bleiben. Erst ein halbes Jahr später und nach beeindruckenden Auftritten in der Champions League ist er nicht mehr zu halten und wechselt nach insgesamt 37 Torbeteiligungen in 79 Spielen zum FC Chelsea. Es sind nicht nur sportliche Spuren, die er in Basel hinterlassen hat. "Wie man teilweise falschen Klischees erliegt", blickt Heitz dankbar zurück, "das war für mich eine Lektion fürs Leben."