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Fussball

"Ich wollte immer schießen, immer auf die Kiste": Vincenzo Grifo und seine atemberaubende Schusstechnik

"Ich wollte immer schießen, immer auf die Kiste": Vincenzo Grifo und seine atemberaubende SchusstechnikDean Mouhtaropoulos/Getty Images

Die Jagd nach der Torjägerkanone war in der Bundesliga in den vergangenen Jahren genauso einseitig wie das Ringen um die Meisterschaft. Fünf Jahre in Folge war Robert Lewandowski beim FC Bayern München Spielzeit für Spielzeit der erfolgreichste Torschütze im deutschen Fußball-Oberhaus, insgesamt wurde der Pole sogar siebenmal Torschützenkönig. Da konnte selbst Erling Haaland in seinen zweieinhalb Jahren in Dortmund nichts gegen anrichten. 

Seit Sommer 2022 sind sowohl Lewandowski als auch Haaland weg, beide haben die Bundesliga verlassen und schießen nun in Spanien und England alles kurz und klein. Und in der Bundesliga ist ein Vakuum entstanden. Einen Stürmer von internationalem Format gibt es nicht mehr. Sadio Mane hätte es beim FC Bayern sein sollen, hat in seinem ersten Jahr in Deutschland aber sichtlich Schwierigkeiten. 

So gerät das Rennen um die Torjägerkanone zum Schneckenrennen. Noch immer führt Niclas Füllkrug die Torjägerliste an. Mit mageren 16 Toren nach 32 Spieltagen und das, obwohl der WM-Fahrer seit dem 27. Spieltag verletzungsbedingt kein Spiel mehr bestreiten konnte. Es besteht die realistische Chance, dass der Tiefstwert von 17 Toren, die 95/96 Fredi Bobic und 88/89 Thomas Allofs und Roland Wohlfarth als Toptorschützen gereicht haben, unterboten wird. Zum Vergleich: Lewandowski schoss allein in den letzten drei Spielzeiten 34, 41 und 35 Tore. 

Schusstechnik vom Bolzplatz

Ein Spieler, der Füllkrug die Ehrung als besten Torschützen der Bundesliga noch streitig machen kann, spielt beim SC Freiburg, agiert bemerkenswerterweise als Mittelfeldspieler statt als Stürmer, und hat es einer einzigartigen Schusstechnik zu verdanken, dass reihenweise Elfmeter und Freistöße im Netz landen. Die Rede ist von Vincenzo Grifo, der mit 14 Toren und sechs Torvorlagen entscheidenden Anteil an der erneuten Europapokalqualifikation des SC hat. 

Neun seiner 14 Tore erzielte Grifo per Freistoß oder Elfmeter. Meist hoch, immer wuchtig - und unerreichbar für die Keeper. "Ich habe Schießen schon von klein auf gemocht. Ich wollte immer schießen, immer auf die Kiste", erzählt Grifo in UNFILTERED bei DAZN von der Ausbildung seiner Schusstechnik, die weniger mit Lehrbuch, mehr mit nehmen, machen und nie wieder damit aufhören zu tun hat: "Das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen: Dass man auf den Bolzplatz geht und direkt anfängt zu schießen. Heute muss man sich erst aufwärmen und vorbereiten." 

Das jedoch sei früher bei im "gang und gäbe" gewesen: "Man ging auf den Bolzplatz und das Erste, was man machte, ist volle Pulle schießen. Das hat dazu beigetragen, dass ich heute diese Schusstechnik habe." Eine Begleiterscheinung auch davon, dass Grifo nie in einem Nachwuchsleistungszentrum war, sondern seine fußballerische Ausbildung bei den Amateurvereinen VfR Pforzheim und Germania Brötzingen genoss. 

Das Erbe von Mario Basler

Erst in der A-Jugend wechselte er zum Karlsruher SC. Wo die Defizite schnell deutlich wurden: "Im taktischen Bereich war ich von allen 25 Spielern der schlechteste. Wegen meiner fußballerischen Intelligenz und meinem Spielverständnis hat mir das aber jeder verziehen. Mir wurde nie beigebracht, im Bogen anzulaufen, im Zwischenraum zu stehen, Vororientierung. Da waren die Jungs deutlich weiter als ich. Dafür waren sie in der Ballführung, im Abschluss und Dribbling nicht so gut wie ich. Das hat mir einen großen Vorteil verschafft." 

Auch bei seinem Bundesligadebüt schlug er sofort dank seiner Schusstechnik ein. Im Spiel gegen die SpVgg Greuther Fürth wurde Grifo im Oktober 2012 im Hoffenheim-Dress als 19-jähriger Nachwuchskicker eingewechselt. "Drei Minuten später gab es Freistoß", so Grifo", "ich bin zu Kevin Volland und Sebastian Rudy, selbst Sejad Salihovic war noch da, und hab gesagt, ich will den Freistoß schießen. Die haben mich angeguckt: Hä, was ist mit dir los? Doch sie haben mich schießen lassen, wahnsinnig von denen. An den Pfosten. Das ganze Stadion schrie. Da bin ich angekommen. Das war wie im Film." 

Beim Sport-Club steht zu keiner Zeit mehr zur Debatte, wer sich um die Standardsituationen kümmert. Das führt dazu, dass Grifo an den letzten zwei Spieltagen nur zwei Tore fehlen, um mit Füllkrug in der Torjägerliste gleichzuziehen. Schon am Freitag gegen Wolfsburg (ab 20.30 Uhr live auf DAZN) hat Grifo die Chance auf seine nächsten Treffer, während das Comeback von Füllkrug im Saisonendspurt fraglich ist. Grifo könnte der erste Mittelfeldspieler seit Mario Basler 94/95 werden, der die Torjägerkanone gewinnt.