Knapp anderthalb Jahre nach seinem Abschied als Bundestrainer ist Joachim Löw bereit für einen neuen Job als Coach. "Ich spüre wieder eine Motivation, wenn ich jetzt Fußball sehe - ein paar Monate war das nicht der Fall", sagte Löw dem kicker : "Wenn ich das Gefühl habe, eine Aufgabe würde mich reizen, bin ich bereit und greife wieder an."
Löws 15-jährige Amtszeit als Bundestrainer hatte am 29. Juni 2021 mit der Niederlage im EM-Viertelfinale gegen England geendet. Danach hatte sich der 62-Jährige ins Privat- und Familienleben zurückgezogen. Vor der WM in Katar (20. November bis 18. Dezember) will Löw allerdings noch keine neue Aufgabe annehmen. "Ich möchte eine WM einmal vor Ort als Außenstehender erleben", sagt Löw: "Deshalb habe ich bisher keinen Job angetreten."
Löw will mehr Fairness und Haltung sehen
Einen Klub hatte Löw zuletzt 2003/04 trainiert, als er für Austria Wien verantwortlich war. Danach wurde er bis zur WM 2006 Assistent von Jürgen Klinsmann beim deutschen A-Team, das er danach von Klinsmann übernahm.
Kritik gab es von Löw für die deutschen Profis und seine Trainer-Kollegen für deren Verhalten auf und außerhalb des Platzes. Er sehe "in Deutschland Spieler, die bei jedem Körperkontakt fallen und Schiedsrichterentscheidungen nicht akzeptieren, oder Trainer, die ununterbrochen beim Vierten Offiziellen sind. Das möchte ich nicht, sondern Respekt vor der Hoheit des Schiedsrichters", sagte Löw.
Als Trainer müsse man "auf das Spiel achten. Permanent über Entscheidungen herzufallen ist – bei aller Emotion – definitiv der falsche Weg und nicht der Sinn des Spiels. Die Fans wollen Fairness auf dem Platz sehen und nicht dieses ständige Fallen, ohne dass gefoult wurde", betonte der 62-Jährige.
Zu viele Trainerentlassungen in der Bundesliga
Er sei deshalb "ein Freund der Premier League, wenn es um das Verhalten auf dem Platz geht, nicht um Technik oder Taktik. Getroffene Entscheidungen werden dort akzeptiert. Es wird weitergespielt, es gibt wenige Reklamationen, selten Rudelbildung, bei Körperkontakt gibt es nicht sofort dieses Fallen und kaum Spieler, die für sich Fouls provozieren." Er sehe auf der Insel, meinte Löw, "einen ehrlichen Fußball, einen schnellen, harten, aber anständigen Fußball. Ich sehe bei den Spielern immer die Intention, dass sie auf den Beinen bleiben."
Auch die vielen Trainerentlassungen in der Bundesliga stoßen Löw auf. "Grundsätzlich muss man sich fragen, ob die Vereine die Trainer so gut behandeln und ob die Vereinsphilosophie zum Trainertypus passt. In der Wirtschaft nimmt man sich für personelle Entscheidungen viel Zeit. Die vielen Entlassungen im Fußball sprechen nicht für das Rückgrat der Vereine", sagte er.