Leipzigs Kevin Kampl im Gespräch mit DAZN über ...
… seinen Wechsel 2015 zum damals abstiegsbedrohten BVB: "Die Unterschrift war natürlich ein großartiges Gefühl, darauf hatte ich hingearbeitet, mein Ziel war es, wieder in die Bundesliga zu kommen. Aber es war auch irgendwo ein komisches Gefühl, in Österreich lief alles extrem gut mit Salzburg: Wir waren Erster, waren in der Europa League locker weiter und haben da alles gewonnen. Zum Vorletzten in die Bundesliga zu wechseln war im ersten Moment schon komisch. Mein erstes Spiel war ein Unentschieden in Leverkusen und das zweite Spiel zuhause haben wir verloren. Da war die Stimmung natürlich extrem schlecht. Mein erstes Mal vor der Südtribüne hätte ich mir natürlich schöner vorgestellt, aber es war trotzdem ein Gänsehautmoment, als ich das erste Mal zum Warmmachen rausgelaufen bin. Auch wenn die Umstände andere waren als in Salzburg und wir zunächst schauen mussten, dass wir aus dem Keller rauskommen. Das haben wir am Ende ja noch ganz gut geschafft mit der Europa League und dem DFB-Pokal-Finale, was wir leider verloren haben. Im Nachhinein würde ich sagen, es war eine sehr prägende Zeit für mich, weil ich auch mal gemerkt habe, wie sich alles anfühlt, wenn es nicht so gut läuft. Da hatte ich eine Zeit, in der ich mich erst einmal zurechtfinden musste, in der nicht alles perfekt lief – aber im Nachhinein bin ich auch daran gewachsen und das war für meinen Weg, dafür, wo ich heute bin, extrem wichtig. […] Es war ein sehr schwieriges erstes Halbjahr für mich."
… Jürgen Klopp in dessen letztem Halbjahr beim BVB: "Er hat trotzdem an uns als Mannschaft und an die Stärken der Spieler geglaubt. Natürlich war's für jeden Spieler eine schwierige Situation, weil Dortmund da nicht hingehört hat. Wir wussten, dass wir da nur zusammen rauskommen und Kloppo hat bis zum Ende sein Herzblut da reingesteckt und alles gegeben. Auch als man wusste, dass zum Ende der Saison Schluss sein wird. Er hat für diesen Verein sein ganzes Herz gegeben und das auch auf die Spieler übertragen."
… das Angebot und den Wechsel zu Bayer Leverkusen: "Thomas Tuchel wollte nicht, dass ich gehe. Als ich das Angebot von Leverkusen vorliegen hatte, bin ich zu ihm ins Büro gegangen und habe gesagt, dass ich es unbedingt machen möchte. Roger Schmidt war in Leverkusen Trainer, er war quasi mein Mentor in Salzburg, hat mich zu Salzburg geholt und dort aus mir einen Spieler geformt. Ich habe für mich persönlich gesehen, dass das der beste Weg ist. Das habe ich Thomas Tuchel offen und ehrlich gesagt. Er meinte: Du hast einen sehr langen Vertrag, bleib hier, ich plane mit dir. Ich habe ihm dann erklärt, dass man in seiner ganzen Karriere vielleicht einen Trainer trifft, zu dem man dieses besondere Verhältnis hat und das war bei Roger Schmidt und mir so. Er hat dann auch gesagt, dass er es eigentlich nicht will, aber mich absolut verstehen kann und mich auch gehen lässt. Dafür bin ich ihm bis heute sehr, sehr dankbar. Weil erst als ich in Leverkusen ankam, war ich auf Knopfdruck wieder der Alte und bin endgültig in der Bundesliga angekommen."
… seinen aktuellen Coach Julian Nagelsmann: "Ich habe noch nie einen Trainer gesehen, der sich so viel mit Fußball beschäftigt und in dem Alter schon so viel Fachwissen hat – das ist unglaublich und das gibt's, glaube ich, auch nur einmal momentan im Weltfußball. Man denkt immer, er ist schon 20 Jahre dabei. Er weiß, wie man die Mannschaft perfekt auf die Spiele vorbereitet, hat immer gute Matchpläne. Leipzig wird da nicht der letzte Schritt sein, er hat eine ganz große Trainerkarriere vor sich."
… die Frage, ob Nagelsmann schon das Zeug zum Meistercoach hat: "Warum nicht – wenn du so gut dastehst mit deiner Mannschaft und so viel Punkte holst? Am Ende liegt es natürlich noch an uns Spielern, die Sachen gut umzusetzen, die er verlangt. Da gehören viele Dinge dazu: Manchmal brauchst du auch das nötige Glück. Wenn du immer Bayern vor dir hast, ist das das Maß aller Dinge, das ist einfach momentan die beste Mannschaft der Welt. Da ist es extrem schwer, Meister zu werden, das wissen wir alle. Aber wenn du so knapp an ihnen dran bist, willst du natürlich versuchen, so lange wie möglich dranzubleiben und – wenn sich eine Chance ergibt – die auch zu nutzen und vorbeizukommen. Wenn wir was anderes sagen würden, wäre das gelogen. Wir wollen aber erstmal unser klares Ziel Champions League fix machen und sind auf einem sehr guten Weg dahin. Wir sind auch im Pokalhalbfinale, da ist es nur noch ein Spiel bis ins Finale. Wir waren schon einmal in Berlin und wissen, wie geil sich das angefühlt hat, haben aber leider verloren. Wir haben dieses Jahr die Chance, wirklich einmal einen Titel nach Leipzig zu holen."
… das Titelrennen mit den Bayern: "Das Spiel gegen die Bayern zuhause wird extrem wichtig, um dranzubleiben. Das möglichst zu gewinnen wird sehr schwer. Aber gerade die Spiele gegen Mainz, Bielefeld, Freiburg – da musst du sehen, dass du deine Punkte holst. Wir sind natürlich traurig, dass wir die zwei Punkte gegen Frankfurt haben liegen lassen, die auch vom Spielverlauf her absolut drin gewesen wären, weil wir die bessere Mannschaft waren und es verpasst haben, es im letzten Drittel gut auszuspielen. Jedes Spiel bis zum Saisonende wird wie ein Endspiel sein, um an den Bayern dran zu bleiben. Weil wir nicht hoffen können, dass sie noch oft patzen, das werden sie sicherlich nicht tun bei ihrer Qualität."
… das Standing von RB Leipzig: "Als absolute Spitzenmannschaft im Weltfußball würde ich uns noch nicht einordnen. Dafür fehlt uns die Erfahrung, dafür sind wir noch nicht lange genug in der Bundesliga und im internationalen Geschäft. Aber wenn man trotzdem sieht, was diese junge Mannschaft in den wenigen Jahren erreicht hat und sich mit dem ganzen Verein aufgebaut hat, ist das einfach bemerkenswert. Das gibt es nicht oft im Fußball. Wir steigern uns stetig von Jahr zu Jahr, gerade die jungen Spieler, die in den letzten ein, zwei, drei Jahren internationale Erfahrung gesammelt haben, machen immer wieder Schritte nach vorne. Das ist für die Entwicklung des Vereins und uns alle extrem wichtig. Wir sind auf dem Weg dahin, eine absolute Spitzenmannschaft zu werden."
… die eigene Rolle bei RB Leipzig: "Ich bin 30 und gehöre mittlerweile zu den Älteren. Ich fühle mich zwar extrem jung, auch vom Kopf her, aber ich versuche natürlich für die jungen Spieler immer ein Gesprächspartner zu sein. Falls irgendetwas los ist oder den Spielern etwas auf dem Herzen liegt da zu sein und voran zu gehen. Ich bin niemand, der pausenlos quatscht oder die ganze Zeit erzählen muss. Ich versuche, dass die Jungs sich auf dem Platz auf mich verlassen können und ich alles für sie und den Verein tue. So versuche ich meine Position zu zeigen. Dadurch, dass ich schon viele Jahre in der Bundesliga spiele, sehr viele Trainer hatte und internationale Erfahrung sammeln durfte, versuche ich das so gut es geht an die jungen Spieler weiterzugeben. Für mich ist es das Wichtigste, dass junge Spieler, wenn sie zum Verein kommen, wenig Anlaufzeit brauchen, damit sie sofort ihre Leistung bringen können. Wenn nämlich jemand gehemmt ist und denkt, er ist nicht richtig akzeptiert, wirkt sich das immer auch auf die Leistung aus. Und dann kann dieser junge Spieler – obwohl er ein Riesenpotenzial hat – nicht von Anfang an so aus sich herauskommen, wie wenn er das Gefühlt hat: Das ist wie eine Familie für mich, die nehmen mich sehr gut auf. Es ist wichtig, dass die älteren Spieler den jüngeren ein gutes Gefühl vermitteln."
… sein Hobby Musik: "Meine Musik wird nicht gerne in der Kabine gespielt, die neue Generation sind alle auf Hip-Hop, RnB und sowas. Ich mag zwar auch extrem gerne Old-School-Musik, aber ich mag – ich würde jetzt nicht sagen Techno – aber Electro schon sehr gerne. Nicht den David-Guetta-Style, sondern ein bisschen mehr Deep House, das ist eher meine Richtung. Das ist ein Hobby von mir, ein guter Ausgleich zum Sport. Momentan habe ich da leider überhaupt keine Zeit dafür, weil ich auch noch zwei kleine Kids zuhause habe, die sehr viel Zeit mit dem Papa haben wollen. Deswegen schiebe ich das gerne zur Seite, weil meine Jungs das Wichtigste sind. Aber das wird ein Hobby von mir bleiben und ich werde da, wenn ich wieder etwas mehr Zeit habe, weiter rumtüfteln und versuchen, besser zu werden.
… den Ursprung seiner Faszination am Musikmachen: "Ich bin die letzten acht, neun Jahre immer mit meinen besten drei Freunden, mit denen ich in der gleichen Straße aufgewachsen bin, nach Ibiza geflogen. Einmal im Jahr nehmen wir uns die Zeit und fliegen zusammen in den Urlaub. Dadurch kam dann dieses Mögen von Electro und Deep House, weil das die Musik ist, die dort hauptsächlich gespielt wird. Und das hat mich fasziniert, wie die Leute auf den, der da vorne aufgelegt hat, abgegangen sind. Das fand ich extrem cool und ich habe im Laufe der Jahre einige der ganz großen DJs da kennengelernt und bin mit ihnen in Kontakt. Einer von denen kommt ja sogar aus Leipzig – Matthias Tanzmann. Er hat ein eigenes Label, ist ein super DJ und ein super Typ. Ich war schon bei ihm im Studio und er hat mir schon angeboten, mir zu helfen, da einen Schritt weiter zu kommen."
… seine weiteren Hobbies Angeln und Kochen: "Ich habe ja noch ein anderes Hobby, das geht in die ganz andere Richtung: Ich gehe extrem gerne angeln, das ist auch eine Leidenschaft von mir, seitdem ich klein bin. Ich komme da extrem zur Ruhe. Manche fragen mich auch: Wie kannst du denn da sitzen und acht Stunden warten, bis ein Fisch anbeißt oder manchmal gar keiner anbeißt? Aber ich sitze dann da mit meinen Kumpels, von vier, fünf Uhr morgens bis nachmittags um zwei, drei Uhr und man kommt runter, man redet über andere Dinge außer Fußball, über private Sachen. […] Ich nehme die Fische auch selbst aus und bereite sie zu. Das ist auch noch ein anderes Hobby: Ich koche extrem gerne, da komme ich auch extrem zur Ruhe. Meine Frau ist dann zwar immer sauer, weil sie Hunger hat und sagt, ich brauche für jedes Gericht zwei, drei Stunden. Aber ich bin da so drin, schnibbel und mache - und habe die komplette Ruhe in mir selbst."
Julian Nagelsmann (Coach RB Leipzig) über …
… die Bedeutung Kampls für RB Leipzig: "Er ist ein Leadertyp auf dem Feld und in der Kabine, der eine große Erfahrung hat, weil er auch schon bei einem anderen großen Bundesligisten gespielt hat. Es ist immer wertvoll, schon einmal woanders Erfahrungen auf höchstem Niveau gemacht zu haben. Er ist ein sehr guter Sechser, der defensiv unglaublich schlau ist. Er ist keiner, der körperlich mega robust ist, sondern sehr intelligent verteidigt und viele Bälle klaut. Weil er einfach ein gutes Gespür für den Raum hat. Und offensiv ist er viel unterwegs, bewegt sich viel – manchmal sogar ein bisschen zu viel als Sechser, weil er unglaublich fleißig ist und jeden Ball haben will. Er hat darüber hinaus eine große Bedeutung in der Kabine. Er ist sehr nah an Sabi (Marcel Sabitzer, Anm.d.Red.) dran, der Kapitän ist, er hat eine gute Verbindung zu allen Spielern und versucht alle mitzunehmen. Eine sehr gute Seele in der Kabine.
… das, was Kampl den jungen Spielern mitgeben kann: "Er hat natürlich schon ein bisschen mehr erlebt als der ein oder andere und musste mit verschiedenen Situationen umgehen. Er hatte schon Rückschläge in seiner Karriere, die dann helfen können, wenn andere Spieler Rückschläge haben. Er kann Tipps geben, was er in Phasen von Verletzungen gemacht hat - er hatte letztes Jahr eine Phase, in der er nicht 100 Prozent fit war -, wie er da durchmarschiert ist. In guten Zeiten braucht man nicht so viel Rat, wenn's ein bisschen schlechter läuft, mit Verletzungen oder weniger Spielzeiten, ist er einer, der immer wieder das Gespräch mit den jungen Spielern sucht, sie aufbaut, mitzunehmen versucht, sie integriert und ihnen Dinge erklärt. Erklärt, wie ein Trainer gewisse Dinge meint, wenn sie vielleicht anders rüberkommen und fehlinterpretiert werden können. Dann nimmt er gerne ein bisschen Würze raus und sagt dem Spieler, dass es um eine sachliche Ebene ging."