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kicker meets DAZN #106 – Marco Russ: "Du hast das Gefühl, Mike Tyson haut dir in die Magengrube"

kicker meets DAZN #106 – Marco Russ: "Du hast das Gefühl, Mike Tyson haut dir in die Magengrube"DAZN
In der 106. Folge kicker meets DAZN ist Marco Russ zu Gast. Im Interview spricht er mit Alex Schlüter und Benni Zander über seinen Job als Analyst bei Eintracht Frankfurt, seine Krebserkrankung und Kartoffelpuffer.

Marco Russ und seine Eintracht würden sicher gerne auf eine andere Tabellenkonstellation blicken, steht das kriselnde Frankfurt doch nur kurz über dem Strich. Russ arbeitet seit dieser Saison als Analyst und soll die SGE auf die kommenden Gegner vorbereiten. Im Interview bei kicker meets DAZN erzählt er von seinem Job und der Arbeit mit Oliver Glasner.

Anfang Oktober erschien sein Buch "Kämpfen. Siegen. Leben. Ein Leben für den Fußball und gegen den Krebs". Russ erzählt im Interview von seiner Schockdiagnose Hodenkrebs, der mentalen Herausforderung einer solchen Erkrankung, seinem Comeback und dem historischen Pokalsieg gegen den FC Bayern. Außerdem fachsimpeln die drei über die richtige Zubereitung von Kartoffelpuffern.

Darüber hinaus erfordert die erste Trainer-Entlassung der Bundesliga-Saison eine Einordnung. Mit kicker-Reporter Thomas Hiete sprechen Alex und Benni über den VfL Wolfsburg und den Rauswurf von Mark van Bommel. Außerdem nehmen die beiden die Trainer der anderen Bundesligisten unter die Lupe und vergeben Noten. Mit einer Stunde und 37 Minuten erwartet Euch die geballte Ladung Fußball als Audioformat.

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Zu hören ist diese Folge wie immer auf Abruf überall, wo es Podcasts gibt:

Marco Russ über…


… seinen Job als Analyst bei Eintracht Frankfurt

"Bei uns im Team machen zwei Analysten die eigene Mannschaft und zwei Analysten kümmern sich um den Gegner. Ich bin in der Gegnervorbereitung und habe jetzt Bochum und Leipzig vorbereitet. Deshalb hatte ich auch eine ruhige Nacht. Meine Kollegen sind nach dem Spiel am Sonntag erst um vier Uhr ins Bett gekommen und waren heute Morgen um 9 Uhr schon wieder im Büro."

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… die Vorbereitung eines Gegners

"Wir splitten die Arbeit untereinander noch einmal auf. Mein Kollege macht die grundsätzlichen Angriffsschemata und die Abwehrarbeit des Gegners. Ich bin mit der Einzelspielervorbereitung beschäftigt. In der Kabine haben wir einen großen Screen, auf dem sich die Spieler vor dem Spieltag die einzelnen gegnerischen Spieler anschauen können, inklusive Stärken und Schwächen, die wir herausgefunden haben. Grundsätzlich stellen wir unsere gesammelten Informationen erst einmal dem Trainer vor. Welche Szenen der Mannschaft gezeigt werden, entscheidet der Trainer. Das sind in etwa zwölf Videoszenen."

… die Arbeit während des Spiels

"Bei Heimspielen bin ich mehr Zuschauer. Weil ich den Gegner vorbereite, habe ich während dem Spiel selbst nichts zu tun. Unsere Analysten, die die eigene Mannschaft bearbeiten, versuchen schon während des Spiels, Szenen zusammenzustellen und diese dem Trainer in der Halbzeitpause zur Verfügung zu stellen. Wenn ich nicht vor Ort im Stadion bin, sitze ich meist in einem anderen Stadion und schaue mir den nächsten oder übernächsten Gegner an. Mit der Europa League sind die Spiele in dieser Saison ziemlich eng getaktet. Da bleibt nicht mehr viel Zeit, alles so gründlich und sorgfältig wie möglich zusammenzufassen. Deshalb arbeiten wir immer im Voraus."

… den veränderten Blick auf den Fußball

"Durch meine Tätigkeit hat sich mein Blick komplett verändert. Mit wie vielen Informationen jongliert wird, ist Wahnsinn. Früher habe ich die Champions League und die Bundesliga als Fan geschaut. Heutzutage achtet man sofort auf das taktische Verhalten. Früher war mir das beim Fußballschauen egal."

… die aktuelle sportliche Situation bei Eintracht Frankfurt

"Wir rufen unsere Leistung einfach nicht konstant ab. Gegen Fenerbahce, Piräus und in München haben wir ja gezeigt, was wir können. Aktuell reicht es nicht, konstant auf Bundesliganiveau dagegenzuhalten. Wir haben die Qualität, aber wir müssen jetzt eine Konstanz hineinbringen."

… Oliver Glasner

"Oliver Glasner ist mega akribisch. Er ist enorm ehrgeizig und sieht auch in guten Spielen die Dinge, die man verbessern muss. Wenn man zufrieden ist, bedeutet das Stillstand."

… den Saisonstart der neuen Bundesligatrainer

"Die ganzen neuen Bundesligatrainer haben ihre Probleme. Adi Hütter ist nicht top in die Saison gestartet. Mark van Bommel ist entlassen worden. Jesse Marsch in Leipzig ist nicht in dem Flow, in dem er gerne wäre. Außer Julian Nagelsmann haben sie alle ihre Probleme. Man sieht einfach, dass nicht nur die Spieler Zeit brauchen, sondern auch die Mannschaft mit dem Trainer, um die Idee umsetzen zu können und erfolgreichen Fußball zu spielen. Die Bundesliga ist schnelllebig und verzeiht wenig, aber in Frankfurt sind wir noch entspannt. Wir sind gewarnt, aber wir glauben an den gemeinsamen Weg mit Oliver Glasner."

… die Idee, ein Buch zu schreiben

"Die Idee, das Buch zu schreiben, kam nicht von mir. Ein gemeinsamer Freund von meinem Co-Autor Alex Raack und mir hat mir das vorgeschlagen. Ich dachte, dafür sei ich noch zu jung und war skeptisch. Ich wusste nicht, ob ich so viel zu erzählen hätte. Je mehr Gedanken ich mir dann darüber gemacht habe, umso cooler fand ich die Idee. Während Corona haben wir das Buch quasi am Telefon erstellt. Wie in einem Interview haben wir miteinander gesprochen und je länger wir sprachen, desto mehr fiel mir auf, dass ich doch einiges zu erzählen haben."

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… die Diagnose Hodenkrebs

"So eine Nachricht zu erhalten, da hast du das Gefühl, Mike Tyson haut dir in die Magengrube. Da bleibt dir erst einmal die Luft weg. Mit 31 mit einer Hodenkrebs-Diagnose konfrontiert zu werden, ist das Letzte, womit man rechnet. Ich wollte die Relegation (gegen Nürnberg, 2016, Anm.) aber unbedingt spielen. Hätte ich mir im Hinspiel keine Gelbsperre geholt, hätte ich auch beim Rückspiel auf dem Platz gestanden."

… die Entscheidung, das Spiel trotz der Diagnose zu spielen

"Ich habe mir gar keine Entscheidung gelassen. Für mich stand fest, dass ich spiele. Ein Abstieg ist für den ganzen Verein scheiße. Ich war Kapitän und hatte der Mannschaft und dem Verein gegenüber eine Verantwortung. Dem wollte ich nicht entfliehen. Und dann schieße ich ein Eigentor. Im Nachhinein hat alles zusammengepasst. Im Krankenhausbett habe ich nach der Operation gesehen, wie wir uns gerettet haben. Das war filmreif."

… die mentale Belastung einer Krebserkrankung

"In meinem Fall hat die mentale Stärke unheimlich viel ausgemacht. Im Gegensatz zu Brustkrebs, Prostatakrebs oder Lymphdrüsenkrebs war mein Krebs die Kindergartenversion. Die Ärzte haben mir immer geraten, positiv zu sein. Ich war vor der Erkrankung schon mental stark und konnte mit Drucksituationen umgehen. Das hat mir enorm geholfen."

… die Lehren aus der Zeit

"Als junger Fußballer hört man nicht so auf seinen eigenen Körper. Wenn mal was zwickt oder weh tut, haut man sich eine Tablette rein. Du willst dem Trainer auch nicht wegen ein bisschen Zwicken sagen, dass du zwei Tage aussetzt. Du willst zeigen, dass du ein harter Hund bist. In meinem Fall war das ganz genauso. Aber gerade nach der Erkrankung bin ich viel hellhöriger und sensibler mit meinem Körper umgegangen. Gerade das Bewusstsein für den Körper hat sich verändert."

… sein Comeback

"Zum Zeitpunkt des Comebacks war ich eigentlich noch gar nicht bereit. Ich war eng an der Mannschaft und habe mittrainiert, aber ich habe schnell gepumpt, wenn es mal härter zur Sache ging. An dem Tag des Comebacks war ich nicht für den Kader vorgesehen. Makoto Hasebe hat dann kurzfristig abgesagt und Niko Kovac kam zu mir und hat mich gefragt, wie es aussieht."

… den Pokalsieg gegen die Bayern

"Auf uns hat keiner einen Groschen gesetzt. Die Chance gegen Borussia Dortmund im Jahr zuvor war definitiv höher. Unter Jupp Heynckes waren die Bayern das Team in Deutschland und Europa. Wir als Mannschaft waren die einzigen, die daran geglaubt haben."

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