Markus Weinzierl exklusiv: "Wenn ich mich damit beschäftige, geht Energie verloren"

Die graue Maus der Bundesliga: Für wenige Vereine aus dem deutschen Fußball-Oberhaus ist diese Bezeichnung so passend wie für den FC Augsburg. Obwohl im elften Jahr in Folge Bestandteil der Bundesliga, läuft der FCA national wie international immer noch unter dem Radar. Zumindest in der Region ist die Erwartungshaltung aber gewachsen, wie Trainer Markus Weinzierl und Stürmer Andre Hahn im Gespräch mit DAZN erklären.

Vor dem Spiel des FCA am Freitagabend gegen den FC Bayern München ordnet Weinzierl außerdem die neulich geäußerte Kritik von Klub-Präsident Klaus Hofmann ein und spricht von der Bodenständigkeit und Demut im Augsburger Umfeld. Hahn erklärt zudem, warum ein Trainerwechsel gar nicht so dramatisch ist und wie er selbst und der FC Augsburg wahrgenommen werden. 

Markus Weinzierl über ...

... den Unterschied zwischen seinen Amtszeiten

"Damals war es der erste Aufstieg in die Bundesliga und jeder war froh, mit dabei zu sein und alles dafür zu geben, um drin zu bleiben. Jetzt sind die Erwartungen gestiegen. In den Jahren hat sich der Verein kontinuierlich weiterentwickelt, die Infrastruktur hat sich verbessert, der Kabinenbereich, der Fanshop, die Geschäftsstelle. In vielen Dingen wurde gutes Bundesliga-Niveau geschaffen. Und die Spieler sind besser geworden, das sieht man alleine an den Marktwerten. Diese Erwartungen müssen jetzt erfüllt werden."

... die Gründe für seine Rückkehr

"In den ersten vier Jahren haben wir viel erlebt in der Bundesliga. Wir wurden Fünfter und haben Europa League gespielt. Das war eine Entwicklung, die uns keiner zugetraut hat. Das verbindet. Heute sind einige Spieler dabei, die damals schon da waren. Dadurch war es einfach für mich, hier wieder anzukommen. Der Verein war von Anfang an sehr vertraut besetzt, auch was die Fans betrifft. Deswegen haben wir im vergangenen Jahr auch die Liga gehalten."

... die drohende Entlassung als Trainer

"Das muss ich ausblenden. Früher habe ich alles gelesen, jetzt bin ich mit dem großen Vorsatz nach Augsburg gekommen, das nicht mehr an mich heranzulassen. Wenn ich mich damit beschäftige, geht Energie verloren. Ich bin sehr realistisch, sehe die Gegebenheiten und die Mannschaft, die Verletzungen, den Saisonstart. Wir sind dabei, uns zu stabilisieren. Wir hatten gute Phasen und haben Stuttgart zu Hause 4:1 geschlagen. Das ist eine Benchmark, die wir immer wieder setzen müssen. Wir wollen in unserem Stadion so agieren, dass die Fans stolz nach Hause gehen."

... das Standing des FCA

"Der Verein kommt immer mehr in der Bundesliga an, ist ein fester Bestandteil und das merken auch die Leute zunehmend. Es gibt Vereine mit großer Tradition, die in der 2. Liga spielen, dafür gibt es aber Gründe. Genauso wie es Gründe dafür gibt, dass der FC Augsburg gefestigt in der Bundesliga dabei ist, weil gute Arbeit geleistet wurde. Der Respekt der Leute ist da. Das merke ich hier im Alltag, in der Heimat und auch im Urlaub."

... die Kritik von FCA-Präsident Hofmann an der Spielkultur des FCA

"Während meiner ersten vier Jahre hat Kontinuität geherrscht, wir holten Spieler, bei denen wir einer Meinung waren. Das ist in den vergangenen Jahren ein bisschen verloren gegangen, was aber auch normal ist, weil jeder Trainer seine eigenen Vorstellungen hat. Übergeordnet muss eine Idee stehen, die der Verein verfolgt, deshalb ist es wichtig, gemeinsame Entscheidungen zu treffen und die passenden Spieler dazuzuholen."

... die übergeordnete Idee des FCA

"Mutiger, aktiver Fußball. Wir haben noch viele Phasen, in denen wir passiv agieren. Die Leute im Stadion wollen sehen, dass wir mutig nach vorne spielen und aktiv verteidigen. Das gelingt uns aktuell über 90 Minuten noch nicht. Da müssen wir die Mannschaft wieder hinbringen. Die Typen dafür haben wir, aber diese Idee muss noch mehr verinnerlicht werden."

... die Erwartungshaltung

"Es ist eine große Stärke, dass das Umfeld und die Menschen in Augsburg die Erwartungen realistisch einschätzen können und Demut haben. Das ist die Basis. Es ist keine Selbstverständlichkeit, dass wir nach Mainz fahren und hoch gewinnen. Natürlich sollten wir auch nicht hoch verlieren, aber die Bundesliga hat unheimlich viel Qualität. Wir müssen uns weiterentwickeln, damit wir bald wieder eine bessere Rolle spielen. Wenn wir weiterhin bodenständig arbeiten, können wir auch wieder überraschen. Der FC Augsburg steht für mich für bodenständiges und hartes Arbeiten. Und für mich ist er eine Herzensangelegenheit."

Quelle: Getty Images

Andre Hahn über ...

... den Unterschied zwischen seinem ersten und jetzigen Engagement beim FCA

"Die Infrastruktur ist enorm gewachsen. Die Geschäftsstelle, die Kabinen, rund ums Stadion wurde alles neu gemacht. Der Verein hat sich stetig weiterentwickelt. Das muss auch so sein, wenn man dauerhaft in der Bundesliga spielen will. Sportlich haben wir viele junge Talente dabei, die ihren Weg gehen werden."

... die Gründe für seine Rückkehr

"Nach meinem Jahr in Hamburg wollte ich wieder Freude am Spiel haben. Ich wusste, was ich in Augsburg bekomme und wie der Verein tickt. Es war wie eine Rückkehr nach Hause."

... Trainerwechsel

"Jeder Trainer hat seine eigene Philosophie, aber der Verein holt Trainer, die die Philosophie des Vereins verkörpern. Deswegen ist es gar nicht so schwer, sich hier auf einen neuen Trainer einzustellen. Die Philosophie des FC Augsburg ist immer dieselbe: Kampf, Leidenschaft, alles raushauen. Die Fans verzeihen uns eine Niederlage, wenn sie sehen, dass wir alles auf dem Platz geben. Dass wir nicht jedes Spiel gewinnen können, ist klar."

... die Philosophie von Markus Weinzierl

"Es ist wichtig, kompakt zu stehen und zu kontern und als Team aufzutreten. Wenn ein Spieler einen Fehler macht, sollen die anderen zehn ihn wiedergutmachen. Das hat in den ersten Spielen nicht so gut geklappt, aber es wird besser. Das merken wir auf dem Platz und in der Kabine haben wir es offen und ehrlich angesprochen. Wir sind mit Weinzierl auf einem sehr guten Weg.

... sein Verhältnis zu Markus Weinzierl

"Er war mein Förderer, hat mich damals aus der 3. Liga hierher geholt. Unter ihm bin ich Nationalspieler geworden und habe einen riesigen Schritt gemacht. Dafür bin ich ihm sehr dankbar. Wir kommen gut miteinander aus, reden viel und sind locker im Ungang miteinander. Und wenn es sein muss, kriege ich auch mal einen ab."

... das Standing des FCA im Vergleich zu früher 

"Der Verein ist in der Region gewachsen. Wir werden in Augsburg nicht jedes Wochenende gewinnen, dafür muss man Fan von anderen Vereinen sein. Hier kriegt man Leidenschaft und hundertprozentigen Einsatzwillen - und das zählt auch."

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... das Standing des FCA außerhalb von Augsburg 

"Wenn im Urlaub jemand erfährt, dass ich Fußballspieler bin und mich fragt, wo ich spiele, weiß er oder sie oftmals gar nicht, in welcher Liga Augsburg spielt. Das ist schon witzig, weil wir das elfte Jahr in der Bundesliga spielen und etabliert sind. Trotzdem sind wir in Deutschland sowas wie eine graue Maus. Die Ansprüche von unseren Fans steigen aber. Die wollen nicht jedes Jahr um den Abstieg spielen."

... die Ziele des FCA 

"Es ist wichtig, dass wir realistisch bleiben. Wir wollen eine ordentliche Saison spielen und mit dem Abstieg nichts zu tun haben. Alles Weitere ist ein schöner Zusatz, um den wir gerne kämpfen. Aber in erster Linie zählt es für uns, möglichst schnell von den Abstiegsrängen wegzukommen."

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