Melanie Leupolz steht im Kader der deutschen Frauen-Nationalmannschaft bei der WM in Australien und Neuseeland. Dabei muss sie mit einer Doppelbelastung zurechtkommen. Leupolz ist seit neun Monaten Mutter eines Sohnes, der sie bei der WM-Reise begleiten wird.
Im Format Time2Charge von DAZN spricht sie über die anstehende Weltmeisterschaft, das Comeback nach der Schwangerschaft und wie sie Familie und Beruf unter einen Hut bekommt.
Melanie Leupolz über ...
… die Weltmeisterschaft in Australien und Neuseeland:
"Ich war selbst noch nie in Australien. Es stand zwar immer auf meiner Liste, als Urlaubsziel ist es aber schwierig, weil man in der Regel nicht länger als zwei Wochen frei hat. Wir werden unsere Base eine gute Stunde nördlich entfernt von Sydney haben und fliegen dann zu den einzelnen Spielen. Wir spielen in Melbourne, Brisbane und einmal in Sydney, das sind ganz coole Städte. Man sieht immer ein bisschen was, aber natürlich nicht touristenmäßig, weil dafür nicht die Zeit bleibt. Man bekommt aber ein Gespür. Bei einem Turnier hast du zwischen den Spielen ziemlich viel Freizeit. Da organisiert der DFB schon verschiedene Aktivitäten, beispielsweise mal in die Stadt oder an den Strand fahren."
… Chelsea:
"Es war immer ein Ziel von mir, für Chelsea zu spielen. Es ist für mich der coolste Verein. Die englische Liga ist im Frauenfußball im Vergleich weit vor den anderen Ligen. Wegen meiner Schwangerschaft war ich über ein Jahr raus, deswegen fühle ich mich, als wäre ich hier noch nicht fertig. Ich habe deswegen nochmal für drei Jahre verlängert. Es war ein cooles Zeichen vom Verein, dass sie mir ein Angebot zu besseren Konditionen gemacht haben, obwohl ich nach der Schwangerschaft noch nicht wieder auf dem Platz stand."
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… ihren Spielstil:
"Die Härte in meinem Spiel zeichnet mich so ein bisschen aus, weshalb ich wahrscheinlich nach England wollte, weil hier nicht alles abgepfiffen wird. Da musste ich mich aber auch umstellen, in den ersten Spielen wurde ich nämlich noch rumgeschubst."
… ihre Heimat:
"Das Schöne daran ist die Nähe zu den Alpen, zu Italien, Österreich und in die Schweiz. Der Bodensee ist vor allem im Sommer sehr schön. Aber vor allem auch die Ruhe. Wenn ich zuhause bin, habe ich kein Handysignal. Man ist gezwungen, einfach mal abzuschalten. Wenn ich nicht über das W-LAN telefonieren will, muss ich die 200 Meter zum Sportplatz hinauf spazieren gehen."
… die Zeit in München:
"Mir macht es total viel Spaß, aus der Komfortzone herauszukommen, immer wieder etwas Neues zu machen und eine neue Umgebung zu haben. Allein während der Zeit in München bin ich fünfmal umgezogen. Ich finde Umziehen total lustig und spannend, weil ich dann die Gegend wieder neu erkunden muss. Dadurch habe ich praktisch ganz München kennengelernt. Ich mag auch das Risiko. Nicht zu wissen, wie es enden wird. Nach sechs Jahren hatte ich aber das Gefühl, dass ich wieder etwas Neues brauche. Ich wollte ins Ausland, um mein Englisch zu vertiefen, deshalb habe ich dann auch diesen Schritt gewählt."
… die Doppelbelastung mit Familie und Fußball:
"Es ist eine schon eine Herausforderung. Es ist sehr kräftezehrend und braucht viel Energie. Die Nächte sind natürlich anders, aber ich finde es spannend zu sehen, was der Körper alles schafft. Es ist jetzt schon eine Gewohnheit, in der Nacht aufzustehen und dennoch am nächsten Tag auf dem Platz zu performen. Ich konnte mich nach der Geburt schnell und reibungslos erholen. Ich habe mit viel mehr Widerständen von meinem Körper gerechnet, aber ich hatte eine super Unterstützung. Ich finde es fast schon verrückt, wie schnell ich wieder auf höchsten Niveau Fußball spielen konnte, Chelsea ist ja schließlich kein Kreisliga-Verein. Aber klar, es ist super anstrengend, aber wenn du nach Hause kommst und ein Lächeln bekommst, weißt du, wofür du das alles machst. Außerdem bringt es eine gewisse Leichtigkeit mit, dass man einordnen kann, wie viel der Fußball wert ist. Es gibt immer noch etwas Wichtigeres. Es hilft, einen anderen Blickwinkel auf den Sport zu bekommen."
Melanie Leupolz: "Ich wusste, ich setze meine Karriere aufs Spiel"
… ihr Comeback:
"Ich war sehr positiv während der Schwangerschaft und des Reha-Prozesses. Ich wusste, es ist ein Risiko, ich setze meine Karriere aufs Spiel. Das ist einfach auch nicht gang und gäbe im Frauenfußball. Ich wollte Frauen zeigen: ‘Hey, ihr könnt beides machen, mit natürlich der Unterstützung, die ihr von draußen braucht, aber es ist möglich. Das hat mich angetrieben. Ich wusste, wenn es nicht mehr so sein sollte, dann habe ich etwas Wunderschönes, nämlich ein Kind. Deshalb war ich relativ entspannt und das hat mir eine gewisse Leichtigkeit gegeben."
… das DFB-Team und den Konkurrenzkampf:
"Während der Schwangerschaft hatten wir relativ wenig Kontakt. Als ich wieder fit war, waren Co-Trainer bei Champions-League-Spielen da. In Absprache haben wir auf den ersten Lehrgang verzichtet. Beim zweiten war ich dann dabei, habe mir dummerweise aber die Nase gebrochen. Wir haben vor dem Start in die Vorbereitung eine Präsentation bekommen, wer auf welchen Positionen spielen kann, um Druck auszulösen. Das macht Martina Voss-Tecklenburg natürlich clever, um Bestleistungen aus uns herauszuholen und zu schauen, wer mit Druck umgehen kann."
… die Betreuung ihres Sohnes während der WM:
"Der stößt noch hinzu. Das ist ganz praktisch, dass ich ihn mitnehmen kann. Anders wäre es auch nicht möglich. Mehrere Tage ohne den Kleinen wären als Mama schon sehr schwierig. Deshalb ist es umso besser, dass wir das vereinen können. Ich habe für den gesamten Lehrgang und in Australien eine Nanny mit dabei, weil ich natürlich jemanden brauche, der auf den Kleinen aufpasst, wenn ich trainiere oder spiele. Ohne diese Unterstützung wäre es auch nicht möglich."
… das Programm während der WM:
"Wir trainieren in der Regel zweimal am Tag, manchmal auch nur eine kleine Aktivierung plus ein Training oder manchmal auch Krafttraining, das ist unterschiedlich und hängt von der Belastungssteuerung ab. Das ist aber typisch deutsch, dass man häufiger trainiert, so in die Richtung: Viel bringt viel."
… ihre Beidfüßigkeit:
"Meine Mama, die eigentlich nichts mit Fußball zu tun hatte, meinte immer, wenn ich ihr einen Trick gezeigt habe, ob ich das auch mit links könne. Dann war ich immer getriggert und habe eben mit links geübt."
… Musik vor und nach den Spielen:
"Ich bin nicht DJ bei uns. Es gibt andere Spielerinnen, die dann trotzdem noch ihre eigenen Kopfhörer tragen, aber ich höre dann immer nur mit. Womit ich immer zu haben bin, sind die Achtziger. Das macht immer gute Laune. Was auch immer noch ganz lustig ist, ist Wolfgang Petry, weil meine Mama das immer ganz laut aufgedreht hat, während sie geputzt hat. Deswegen kann ich da auch alle Texte."