Für Julian Nagelsmann ist die Zeit beim FC Bayern München abgelaufen, nach nicht einmal zwei Jahren. Die Fußball-Gemeinde rätselt über die entscheidenden Gründe. War es die sportliche Entwicklung? Schwer vorstellbar angesichts der Tatsache, dass die Bayern noch in allen drei Wettbewerben bestens dabei sind. War es doch die zwischenmenschliche Beziehung? Einige Spieler sollen mit dem vom Fußball besessenen Nagelsmann nicht warm geworden sein.
Oder steckt etwas ganz anderes dahinter? Ist etwas Gravierendes vorgefallen, was die Öffentlichkeit nicht weiß? So oder so: Was einmal als Aufbruch in eine neue Ära begann, endet abrupt. Doch Nagelsmann ist nicht der erste Trainer, der die Bayern in einem nicht ganz so harmonischen Verhältnis verlässt. Wir schauen einmal auf Nagelsmanns Vorgänger als Trainer beim FC Bayern - und wie ihre Zeit an der Säbener Straße endete.
Hansi Flick: Verlorener Machtkampf nach dem Sextuple
Nagelsmann folgte im Sommer 2021 auf Hansi Flick. Dass der jetzige Bundestrainer die Stelle überhaupt frei werden ließ, wäre nur wenige Monate zuvor undenkbar gewesen. Der jetzige Bundestrainer hatte den Klub im November 2019 übernommen und am Ende der anschließenden Corona-Saison zu sechs Titeln geführt. Meisterschaft, DFB-Pokal, Champions League, nationaler und europäischer Supercup sowie schließlich im Februar 2021 die Klub-WM: Die Bayern räumten unter Flick einfach alles ab.
Dass dieser Erfolg so nicht zu wiederholen war, scheint logisch. Doch in der zweiten Runde des DFB-Pokals beim Zweitligisten Holstein Kiel auszuscheiden war bereits eine herbe Enttäuschung, das Viertelfinal-Aus in der Champions League gegen Paris Saint-Germain schmerzte ebenfalls. Doch es war nicht unbedingt die sportliche Situation, die zum Flick-Aus führte. Zwischen ihm und Sportvorstand Hasan Salihamidzic kam es immer stärker zu Konflikten, auch mit Blick auf den Kader.
Schließlich warf der Trainer von sich aus zum Saisonende 2020/21 das Handtuch und übernahm nach der Europameisterschaft den Posten des Bundestrainers. Die Bayern holten Nagelsmann. Nun sind beide nicht mehr da.
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Niko Kovac: Die Mannschaft senkte den Daumen
Flick war bereits vor seiner Zeit als Cheftrainer beim FC Bayern, und zwar als Assistent von Niko Kovac. Der Kroate hatte die Wendung "Stand jetzt" wieder in Mode gebracht, als er im Frühjahr 2018 bei Eintracht Frankfurt mit diesen zwei Worten seinen Verbleib bei den Hessen einschränkte. Wenige Wochen später war der Wechsel zu den Bayern perfekt. Er verabschiedete sich jedoch standesgemäß und besiegte seinen künftigen Arbeitgeber im Finale des DFB-Pokals.
Bei den Bayern wurde er jedoch schon früh kritisch gesehen. Kovac war kein Startrainer und hatte kaum Erfahrung im Umgang mit besonderen Spielern vom Kaliber, wie sie der Rekordmeister im Kader hat. In seiner ersten Saison holten die Münchner zwar das Double, das Aus im Achtelfinale der Champions League gegen den späteren Sieger FC Liverpool und vor allem die Art und Weise ließen die Zweifel jedoch wachsen.
In den finalen Wochen seiner Amtszeit im Spätsommer und Herbst 2019 verscherzte er es sich dann mit dem Kader. "Man kann nicht versuchen, 200 km/h auf der Autobahn zu fahren, wenn sie nur 100 schaffen. Man muss das anpassen, was man hat", sagte er etwa. Ein Affront für die Stars im Kader. Sein Umgang mit Thomas Müller, der innerhalb des Teams unantastbar ist, aber kaum noch spielte, verschärfte die Situation. Das Team wandte sich ab. Ein 1:5 bei seinem alten Arbeitgeber Eintracht Frankfurt besiegelte schließlich Kovacs Entlassung.
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Carlo Ancelotti: Selbst er scheiterte an der Kabine
Die Interimsperioden von Willy Sagnol und Jupp Heynckes überspringen wir einmal, stattdessen direkt der Blick auf Carlo Ancelotti. Der italienische Startrainer füllte die Lücke, die Pep Guardiola 2016 hinterlassen hatte, charismatisch und vom Glanz her komplett aus. Mehrfacher Champions-League-Sieger, ein guter Freund des damaligen Bayern-Bosses Karl-Heinz Rummenigge und dazu in der Fußballwelt als Spielerversteher bekannt.
Aber die Bayern-Kabine hat ihre eigenen Gesetze, das musste auch Ancelotti einsehen. Sportlich war seine erste Saison höchstens solide, zumindest mit den Maßstäben der Bayern betrachtet. Ja, die Meisterschaft wurde eingetütet, aber nicht mehr so spektakulär wie noch in den drei Jahren zuvor unter Guardiola. Im Pokal gab es das Halbfinal-Aus gegen Borussia Dortmund. Und in der Champions League war gegen seinen Ex-Klub Real Madrid im Viertelfinale Endstation.
Die folgende Spielzeit begann in der Bundesliga mit 13 Punkten aus sechs Spielen - nicht überragend, aber auch kein Weltuntergang. Platz drei in der Tabelle las sich nicht schön, aber kann zu solch einem Zeitpunkt der Saison mal vorkommen. Doch Ancelotti und Bayern, das klappte nicht. Intern gab es immer wieder Zoff zwischen Trainerteam und Mannschaft, taktisch brachte er die Spieler nicht voran - und am Ende soll er einmal die Aufstellung an eine Pinnwand geheftet und den Raum wieder verlassen haben, ohne ein Wort mit der Mannschaft zu reden.
Nach einem 0:3 in der Champions League bei Paris Saint-Germain wurde Ancelotti entlassen. Später sollte er noch einmal die Champions League mit Real Madrid gewinnen, die Spieler dort folgten und folgen dem Italiener blind. Etwas, das Ancelotti oft in seiner Karriere erlebte - nur nicht in München.