Rouven Schröder ist bereits eine vertraute Stimme im KMD-Podcast. In der 127. Folge kicker meets DAZN hat der jetzige Sportdirektor des FC Schalke 04 bereits seinen dritten Auftritt bei den KMD-Jungs Benni Zander und Alex Schlüter.
Im Interview spricht er über die Mammutaufgabe zu Beginn seiner Amtszeit bei Schalke 04, im vergangenen Sommer den zu teuren Bundesligakader zu verschlanken, durch Transfers für die 2. Liga zu verstärken und konkurrenzfähig für den Aufstiegskampf zu machen. Dort steckt Schalke 04 jetzt und hat den Wiederaufstieg in eigenen Händen. Schröder gibt Einblicke in den Arbeitsalltag eines Sportdirektors und die damit verbundene enorme Belastung.
Vor dem Interview besprechen Alex und Benni den abgelaufenen Oster-Spieltag in der Bundesliga. Einblicke vom FC Bayern schildert kicker-Chefreporter Karl-Heinz Wild.
Zu hören ist diese Folge wie immer auf Abruf überall, wo es Podcasts gibt:
Rouven Schröder über…
… den Sieg von Schalke 04 bei Darmstadt 98
"Das Spiel hat gezeigt, wie eng umkämpft die 2. Liga ist. Wir haben eine hohe Effizienz gezeigt, auf der anderen Seite waren wir am Anfang nicht gut im Spiel und Darmstadt ist verdient in Führung gegangen. Es ist die Qualität der Mannschaft und auch vom Trainer Mike Büskens, dass man mit Rückschlägen umgehen kann. Wir konnten dann kalt zuschlagen. Das ist eine Qualität. Getragen hat uns bis hierher, dass wir die Dinge sehr sachlich und nüchtern sehen und nicht zu hoch hängen. Den kühlen Kopf und den Fokus wirst du brauchen."
… den Umbruch auf Schalke
"Wir hatten den Umbruch XXL. Im Endeffekt ist alles einmal umgekrempelt worden. Im Sommer hatten wir zwei Kader: einen Kader für die 2. Bundesliga und einen Kader, der vom Budget nur in der Bundesliga hätte spielen können. In zwei Perioden haben wir insgesamt 50 Transfers gemacht. Von daher war klar, dass es am Anfang nicht so laufen kann, weil sich die Mannschaft erst finden muss. Schalke ist ein Verein, der dich elektrisiert. Als neuer Spieler merkst du, was Schalke für eine Wucht hat – in beide Richtungen. Das steckt der ein oder andere besser weg. Von daher ist es auch normal, dass man sich daran gewöhnen muss."
… die persönlichen Anpassungen beim Wechsel von Mainz zum FC Schalke 04
"Das operative Geschäft ist alles in allem das Gleiche. Man muss bei sich selbst bleiben. Von gewissen Dingen muss man sich auch freimachen. Eine hundertprozentige Zustimmung wird es nie geben bei Entscheidungen. Ob erste oder zweite Liga, Schalke 04 ist ein Bundesligist, das ist die Wucht des Vereins. Schalke bewegt und deswegen nehmen auch viele Leute an den Entscheidungsprozessen teil."
… die Entscheidung, nach dem Abstieg zum FC Schalke 04 zu gehen
"95 Prozent der Leute haben mir von dem Wechsel abgeraten. Aber dann reizte es mich noch mehr. Es ist eine Herausforderung. Die Strahlkraft des Vereins ist enorm. Ich bin 70-80 Kilometer von Schalke entfernt aufgewachsen. Ich weiß, wie die Menschen ticken. Ich habe in Bochum und Duisburg professionell Fußball gespielt, die Geschäftsstelle erlebt und weiß, wie dort mit Höhen und Tiefen umgegangen wird. Den ehrlichen Zungenschlag gerade raus mit offenem Visier mag ich. Nachtragend ist dann keiner. Ich wollte die Situation beim Schopfe packen und ich habe es nicht bereut."
… seine ersten Schritte auf Schalke
"Bei der Budgetplanung haben wir von Töpfen gesprochen. Im ersten Topf waren die Spieler, die noch Vertrag hatten, aber überdimensional verdient haben und in der 2. Liga nicht finanzierbar waren. Im zweiten Topf haben wir den Zweitligakader geplant. Kompliment an den Vorstand, dass er meiner Person so ein Vertrauen entgegengebracht hat, dass ich Geld für die Zweitligaplanung ausgeben konnte, ohne zu wissen, ob wir alle Spieler aus dem ersten Topf verkauft bekommen. In der Zeit stand ich unter Dauerstrom. Wir haben uns mit den Spielern, die nicht finanzierbar waren, und ihren Beratern zusammengetan, um stabil und konkurrenzfähig in die 2. Liga zu starten. Nicht wenige haben vor der Saison über Schalke gesagt, dass es ein klassischer Fall von direkter Wiederabstieg in die 3. Liga ist. Das macht den Druck nicht weniger."
… Transferperioden als Sportdirektor
"Ich bin jetzt gerüstet fürs Leben. In dem Job hast du keine Zeit, Gedanken zu verschwenden. Wenn eine Verhandlung nicht klappt, musst du das abschütteln und weitermachen. Der Prozess vor der Saison hat uns alle zusammengeschweißt. Das Team hat richtig Gas gegeben. Wir saßen nachts noch auf der Geschäftsstelle, haben Pizza gegessen. Das hat Spaß gemacht. Auch in der Periode jetzt wird es wieder eine größere Anzahl an Transfers geben. Auch da wird es wieder spannend werden, aber wir haben jetzt schon einmal bewiesen, dass wir es können."
… die Kaderplanung
"Du bist nicht konkurrenzfähig, wenn du einen Kader nur aus jungen Leuten hast. Der Kader muss mit klaren Säulen aufgebaut sein, die Erfahrung haben, wie ein Simon Terodde oder Dominick Drexler, Marcin Kaminski, Victor Palsson und Danny Latza. Terodde und Latza hat Peter Knäbel federführend verpflichtet. Wir brauchten Spieler, die wissen, was es bedeutet, in der 2. Liga zu spielen, keine Hochnäsigkeit, weil wir der FC Schalke sind. Du kannst mit diesem Verein so viel erreichen, wenn du dir den Arsch aufreißt. Die Leute hier geben dir so viel zurück. Bei den Gesprächen mit den Spielern hatten wir das Gefühl, dass sie wissen, was es bedeutet, in der Kabine von Schalke 04 zu sitzen."
… Simon Terodde
"In der 2. Liga ist es elementar, dass man vorne einen Stürmer drin hat, der eine gewisse Aura und seine Leistungen auch schon bewiesen hat. Bei Simon Terodde hast du noch die Kombination mit dem Charakter. Das ist ein hundertprozentiger Treffer. Er gibt dir unheimlich viel Professionalität, Menschlichkeit und Führung. Er zieht das ganze Schiff."
… den Ausstieg aus dem Sponsoring durch Gazprom
"Innerhalb von einer Woche hat der Vorstand alles ummodelliert. Es war eine unheimlich kurze Entscheidungsfindung. Es war für uns nicht denkbar bei den Geschehnissen in der Ukraine, dass wir beim nächsten Auswärtsspiel mit diesem Sponsor auf dem Trikot eine Gedenkminute machen. Wir wollten den Schritt der Trennung zu 100 Prozent gehen, auch mit allen Konsequenzen."
… den Start mit Dimitrios Grammozis in diese Saison
"Dimitrios Grammozis war unser Trainer und der Weg in die 2. Liga war klar besprochen. Dimi hat diesen Umbruch mitgestaltet und ist ein ganz großer Teil davon, wo wir jetzt sind. Er hat Tag und Nacht dafür gearbeitet, dass es mit dem FC Schalke nach oben geht. Es war die richtige Entscheidung, mit ihm in die Saison zu gehen."
… die sich zuletzt überschlagenden Ereignisse auf Schalke
"Wenn man auf Schalke arbeitet, ist jede Woche etwas los. Davon lebt das Ganze ja auch. Das ist das Leben im Fußball. Es ist ein Prozess, mit den Dingen umzugehen. Du lässt nicht so viel an dich ran. Das Schlimmste ist, wenn du alles aufsaugst, alles liest, dich mit allem beschäftigst und alles in deinen Rucksack reinpackst und für alles die Verantwortung übernimmst. Das wird man nicht schaffen."
… die Dauerbelastung im Job
"Max Eberl hat alle zutiefst berührt. Dann wird das nachbesprochen und dann geht es genauso weiter. Jeder macht seinen Job. Hier wird etwas erwartet, dort wird die Latte höhergelegt, da musst du nochmal schneller und da nochmal weiter. Max hat sich getraut, die Dinge auf den Punkt zu bringen. Jeder sagt immer 'Passt schon'. Das Tiefgründige geht verloren, auch einfach mal zu sagen, dass es schwierig ist, kreative Gedanken zu haben. In dem Business ist es unheimlich schwer, den Kopf abzuschalten. Die Leute sagen: 'Jetzt sitzt der Schröder da im Strandkorb und macht Pause.' Aber du hast ja ständig Kopfkino."
… das Restprogramm
"Der Fokus liegt auf dem nächsten Spiel. Das ist Werder Bremen, ein echter Knaller. Natürlich schaust du auch mal auf die Tabelle, aber jeder weiß, dass es nicht vorbei ist. Am Samstag um 13:30 Uhr wollen wir in der Veltins Arena gemeinsam mit unseren Fans die bestmögliche Leistung abrufen und dieses Highlightspiel für uns entscheiden. Werder Bremen hat hohe Qualität und das gleiche Ziel wie wir. Es geht nicht darum, jetzt zu sagen, dass wir danach noch da und dort spielen, oder den Tabellenrechner einzuschlagen. Es kommt sowieso meistens anders. Deswegen gewinnt auch meine Mutter, wenn wir tippen."