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Urs Fischer exklusiv bei DAZN: "Ich hatte das Gefühl, alles falsch gemacht zu haben, was man falsch machen konnte"

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Urs Fischer exklusiv bei DAZN: "Ich hatte das Gefühl, alles falsch gemacht zu haben, was man falsch machen konnte"Getty Images
Urs Fischer und seine Eisernen gehen als Tabellenführer in das Spitzenspiel mit dem BVB. Bei DAZN verrät der Schweizer, ob er Zeit hat, die sensationelle Saison der Berliner überhaupt zu genießen und warum Fliegenfischen keine geeignete Teambuildingaktivität darstellt.

Nach neun Spieltagen grüßt Union Berlin überraschend von der Spitze der Tabelle - die die Köpenicker am Sonntag im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund (ab 17.30 Uhr live auf DAZN) verteidigen wollen.

Bei DAZN erzählt Coach Urs Fischer, wie er den BVB im Topspiel erwartet, wie er mit der großen Distanz zu seiner Familie in Zürich umgeht - und welche Lehren er aus dem prägenden ersten Rauswurf als Trainer bei seinem Heimatklub gezogen hat, die ihm bis heute helfen.

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Union-Coach Urs Fischer über …

… die Möglichkeit, die aktuelle Saison zu genießen

"Logisch, wenn du erfolgreich bist, macht es umso mehr Spaß. Da muss ich aber Oliver Ruhnert beipflichten: Dieser Moment, so eine Situation auch mal zu genießen, ist einfach nicht da, weil es der Spielplan nicht zulässt. Vielleicht hat es auch was Gutes, dass du nicht zu lange auf die Tabelle schaust. Es ist eine Momentaufnahme nach dem neunten Spieltag. Es sieht im Moment sehr gut aus. Aber da bin ich klarer Meinung: Was für mich entscheidend ist, sind vor allem diese 20 Punkte und sicherlich die Art und Weise, wie wir diese 20 Punkte gewonnen haben. Das ist für mich der Punkt, den ich vor allem genieße. Aussagekräftig ist eine Tabelle nach dem 34. Spieltag."

… die Vorbereitung auf den BVB bei so vielen Spielen

"Wenn es die Zeit zulässt, ist es die Kernaufgabe immer, wieder das nächste Spiel vorzubereiten für die Jungs. Dortmund hat gestern Abend gespielt - logisch, dass man da dann auch ein bisschen hinschaut: Mit wem beginnen sie, wer ist zurück, wer könnte für Sonntag eine Möglichkeit sein? Aber ich hatte schon vorher ein Bild von Dortmund, für das habe ich das Spiel gegen Sevilla nicht gebraucht. […] Da erkennt man auch im Spiel gegen Sevilla gewisse Automatismen, die sie beibehalten und auch am Sonntag auf den Platz bringen. Natürlich kann mal ein Systemwechsel da sein. Am Dienstag war's für mich ein klares 4-1-4-1 oder 4-3-3, wie immer man es nennen möchte. Auch das haben sie schon öfter gespielt, das entspricht in etwa dem Bild, das ich schon kenne. Heißt aber nicht, dass sie das System nicht vielleicht ein bisschen anpassen, wenn sie gegen uns spielen. Aber logisch: Wenn dir gewisse Dinge auffallen, die eher neu sind, nimmst du das mit."

… sein Hobby Fliegenfischen

"Markus Hoffman (Unions Co-Trainer, Anm.) hat mich zum Fliegenfischen gebracht, so hat sich das Ganze über die Jahre entwickelt. Im Moment kommt dieses Hobby wirklich zu kurz, wo ich wirklich komplett abschalten kann und nicht über Fußball nachdenke. Und auch wenn wir zu zweit unterwegs sind, unterhalten wir uns nicht über Fußball. […] Es gibt in Berlin und Brandenburg sehr viele Gewässer, aber eher stehende Gewässer. Man muss sich schon zwei, zweieinhalb Stunden ins Auto setzen, um ein Gewässer zu finden, wie es ein Fliegenfischer gewohnt ist. Dafür brauchst du Zeit. Wenn du nur drei, vier Stunden hast, geht sich das nicht aus. Freie Tage sind im Moment auch nicht auf dem Programm. Auch wenn das Hobby ein bisschen zu kurz kommt: Es gibt solche Phasen im Beruf, die muss man entsprechend annehmen."

… Fliegenfischen als potenzielle Teambuilding-Maßnahme

"Rückmeldungen von den Jungs oder Leuten, die nicht im Angeln zuhause sind, sind eher: 'Das ist doch langweilig, da geschieht nichts.' Das ist sicherlich beim Fliegenfischen etwas anders, weil du aktiv bist und Strecke machst, im Wasser und außerhalb. Du bleibst nicht nur am gleichen Ort, sondern du läufst den ganzen Fluss ab. Aber logisch: Eine Garantie, einen Fisch zu fangen, hat man nicht. Es gilt auch hier dranzubleiben und Durchhaltewillen zu zeigen, wenn nach einer Stunde nicht fünf Fische gebissen haben. Es gibt auch Tage, an denen es nicht beißt, das gilt es zu akzeptieren. Es geht ja in erster Linie auch nicht darum, einen Fisch zu fangen, sondern in der Natur zu sein, im Wasser zu stehen, die Natur wahrzunehmen, zu genießen. Dieses Entspannen ist etwas, was mir unheimlich hilft."

… die perfekte Mischung aus stetiger Entwicklung und der Fähigkeit, Dinge auch mal hinnehmen zu können

"Es gilt, die Mischung zu finden. Als ich jünger war, sah es bei mir auch noch anders aus. Aber mit dem Alter gewinnst du an Erfahrung und wirst ein bisschen ruhiger - das trifft aber nicht auf jeden zu. Es gibt Trainer, die sind älter als ich und eher ein Vulkan an der Linie. Es ist wichtig, du selbst und authentisch zu bleiben und nicht irgendwo eine Rolle spielen zu wollen. Am Ende macht's eine Mischung aus beidem aus. Die optimale Mischung zu finden, daran arbeitest du ein Leben lang."

Union Berlin Urs Fischer Bundesliga Relegation 27052019Imago Images

"Das war ein unheimlich bitterer Moment. Da fühlt man sich verloren"

… die erste Entlassung als Trainer bei seinem Heimatklub FC Zürich und ob er daraus Lehren ziehen konnte

"Da sage ich deutlich ja! Diese Erfahrung musst du machen, die braucht es als Trainer. Natürlich will die keiner machen, aber es ist eine Phase - wenn du die überstehst und verarbeitest, gehst du anders an die Arbeit. Das hat mir wirklich viel für die Zukunft gebracht, in gewissen Phasen Situationen lockerer zu sehen. Als dieser Entscheid kam, 'Du bist freigestellt', hatte ich wirklich das Gefühl, alles falsch gemacht zu haben, was mach falsch machen konnte. Obwohl es nicht stimmte! Aber dieses Gefühl zu erleben, es zu verarbeiten und eben nicht so zu denken - das lernst du nur, wenn es dich das erste Mal trifft. Das Schlimmste war, als ich nach Hause gehen und meiner Familie sagen musste, dass ich als Trainer entlassen wurde. Das war ein unheimlich bitterer Moment. Da fühlt man sich verloren."

… Ratschläge damaliger Kollegen

"Viele Trainerkollegen haben mir immer so einen Spruch gesagt: 'Du bist erst ein richtiger Trainer, wenn du das erste Mal entlassen wurdest.' Da weißt du nicht so recht, wie du damit umgehen sollst. Aber als ich es erlebt habe, wusste ich, was sie gemeint haben. Und da haben sie nicht unrecht."

… den Umgang mit seiner ersten Entlassung

"Ich brauchte so drei Monate, in denen ich mich völlig zurückgezogen habe und niemanden sehen wollte. Ich bin nicht ins Stadion gegangen und habe mir keine Spiele mehr angeschaut. Weil ich das Gefühl hatte: Wenn ich ins Stadion gehe, dann zeigen die Leute auf mich. Mit dem musste ich klarkommen. Und da war in erster Linie meine Familie der Halt, der mir half, diese Phase zu überstehen. Dann wieder ins Stadion zu gehen, Leute zu treffen, ich habe hospitiert, hatte Zeit, bei anderen Klubs reinzuschauen ... Ich bekam doch auch den einen oder anderen Anruf, wo ein gewisses Interesse an meiner Person da war. Das hat auch geholfen, diese Lust an der Arbeit wiederzubekommen."

1. FC Union Berlin Borussia Dortmund Bundesliga 16102022

… die große Distanz zwischen Berlin und seiner Familie in Zürich

"Wir haben eine tolle Verbindung, trotz der Distanz spüre ich die Unterstützung meiner Familie. Ohne die Rückendeckung meiner Frau könnte ich diesen Beruf auch nicht so ausüben, wie ich es im Moment kann. Sie hält mir da den Rücken frei, unterstützt mich bei meinem Tun. Obwohl die Nähe nicht da ist, spüre ich trotzdem, dass die Bereitschaft meiner Familie da ist."

… die Gespräche vor seiner Vertragsverlängerung mit Union und seiner Familie

"Am Schluss ist beides relativ schnell gegangen. Wir hatten nie im Kopf, wegzugehen - das gilt für Markus Hoffmann wie für mich. Aber natürlich spielte die Familie eine große Rolle. Ich bin jetzt im fünften Jahr in Berlin, bin dadurch von der Familie getrennt. Meine Frau hat mir da von Anfang an reinen Wein eingeschenkt und gesagt, dass sie in Zürich bleibt, weil sie dort berufstätig ist, weil ihr Umfeld da ist. Von daher war das ein Gespräch, das stattfand, aber auch da gab's wieder die Rückendeckung meiner Frau, die gesagt hat: 'Komm, mach das doch, bleib da. Du hast dir da etwas aufgebaut.' Es war keine Diskussion, sondern ein Austausch. Und logisch: Ich habe gehofft, dass ich wieder die Unterstützung meiner Frau zugesprochen bekomme. Es hätte mich aber auch gewundert, wenn sie es nicht gemacht hätte. (lacht)"